Region. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat nach der Untersuchung von Vorfällen schwerer Sinusvenenthrombosen mit Todesfolge im zeitlichen Zusammenhang mit Impfungen des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca keine ausreichenden Belege für einen Zusammenhang der beiden Ereignisse feststellen können. Die EMA empfiehlt dennoch, einen Warnhinweis in die Produktinformationen aufzunehmen. Das teilten Vertreter der Behörde am heutigen Donnerstag in Amsterdam mit.
Der Einschätzung der Behörde nach überwiege der Nutzen bei der Bekämpfung der Pandemie das mögliche Risiko. Dr. Sabine Strauss, Vorsitzende des Arzneimittelsicherheitsausschusses (PRAC) der EMA hebt hervor, dass tagtäglich tausende Menschen in Europa an COVID-19 sterben, die durch das Coronavirus ausgelöste Krankheit gar selbst ein wichtiger Risikofaktor für Thrombosen sei. Dagegen seien bei über 20 Millionen mit AstraZeneca geimpften Personen erst sieben Fälle sehr seltener thrombotischer Ereignisse und 18 Fälle von Sinusvenenthrombosen bekannt. In ihrem Bericht hebt die EMA hervor, dass in der Gruppe der Geimpften das Aufkommen von Blutgerinnseln sogar geringer sei als in der Gesamtbevölkerung.
Vorfälle seien nicht überraschend
Überrascht sei man von den Vorfällen im Zusammenhang mit der Impfkampagne nicht: "Wenn man Millionen von Menschen impft ist es unvermeidbar, dass seltene Krankheiten im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung auftreten. Unsere Rolle im regulatorischen System der EU ist, diese Vorfälle schnell aufzudecken und zu klären, ob diese im Zusammenhang mit der Impfung stehen oder nicht." Hierfür hätten sich jedoch keine ausreichenden Belege finden lassen.
Risikogruppen und sehr seltene Fälle
Die EMA empfiehlt auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse einen Warnhinweis in die Produktinformationen aufzunehmen und Patienten und Ärzte über die Möglichkeit eines Blutgerinnsels aufzuklären. Auch, damit diese auf Symptome bei sich selbst achten könnten.
Zu einer Häufung der Symptome sei es vor allem bei jüngeren Frauen gekommen. Für jüngere Patienten hätten die Bedenken noch nicht ganz ausgeräumt werden können, besonders in Bezug auf die sieben Fälle der sehr seltenen "disseminierten intravasalen Koaguolopathie", die ein Auftreten mehrerer Blutgerinnsel im gesamten Körper hervorrufen kann. Hier seien weitere Untersuchungen nötig. Dr. Straus hebt jedoch hervor: "Es ist noch zu früh für eine Schlussfolgerung. Dieser Personenkreis könnte einfach ein anderes Hintergrundrisiko für Thrombosen haben. Es könnte auch sein, dass in dieser spezifischen Gruppe einfach mehr Menschen geimpft wurden." Großbritannien hat bislang die meisten Dosen des Vakzins von AstraZeneca verimpft, allerdings vorwiegend an ältere Menschen. In Deutschland wurde AstraZeneca in der Vergangenheit häufig auch an Angehörige von Pflegeberufen verimpft - ein Berufszweig, in dem laut Statista zu 80 Prozent Frauen beschäftigt sind.
Hormonelle Verhütung, Rauchen und andere Risiken
Der in Deutschland diskutierte Zusammenhang zwischen einer erhöhten Thromboseneigung im Zusammenspiel zwischen Rauchen, hormonellen Verhütungsmitteln wie der "Pille" und einer Impfung mit AstraZeneca kam unterdes erst auf Nachfrage einer Journalistin zur Sprache. Dr. Straus erklärt, dass es durch das Rauchen und die Einnahme sogenannter "Kontrazeptiva", wie die "Pille" eines ist, ohnehin ebenso zu einer erhöhten Thromboseneigung komme wie durch COVID-19 und weitere Risikofaktoren. Man werde aber auch diese Möglichkeit weiter untersuchen. "Wenn es Risikominimierungsoptionen gibt, werden wir Sie darüber in Kenntnis setzen", so Straus abschließend.
Die EMA hebt weiterhin hervor, dass sich keine Anhaltspunkte auf Probleme mit einer bestimmten Charge oder den Lieferungen aus einem bestimmten Werk gezeigt hätten. Es werden nun weitere Studien durchgeführt.
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