Erdbeben in Niedersachsen: Wie groß ist die Gefahr wirklich?

Die Gefahr von Erdbeben scheint in letzter Zeit weltweit stärker geworden zu sein.

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Symbolbild
Symbolbild | Foto: pixabay

Region. Mit dem Thema Erdbeben verbinden die meisten Menschen eher Regionen wie Japan oder Kalifornien. Doch auch in Deutschland bebt die Erde immer mal wieder. Jüngste, wenn auch leichte, Erschütterungen in Niedersachsen werfen die Frage auf: Müssen man sich auch hier Sorgen machen? Eine Spurensuche zwischen Plattentektonik, industriellen Einflüssen und historischen Ereignissen.


Was ist ein Erdbeben und wie entsteht es?


Um die Gefahr für unsere Region bewerten zu können, muss man zunächst verstehen, was ein Erdbeben ist. Die Erdoberfläche besteht aus riesigen, auf heißem Magma driftenden Platten, den sogenannten tektonischen Platten. Auf ihnen liegen die Kontinente. Wie das British Geological Survey erläutert, bewegen sich diese Platten ständig. An ihren Rändern können sie sich von zeit zu Zeit verhaken und immense Spannungen aufbauen. Ein Erdbeben ist die plötzliche, ruckartige Freisetzung dieser aufgestauten Energie. Die Entstehung solcher tektonischen Spannungen ist ein Prozess, der über viele Jahren andauern kann. Die Entladung selbst geschieht jedoch in Sekunden.

Von einem Punkt unter der Erde, dem sogenannten Hypozentrum, breiten sich dann seismische Wellen in alle Richtungen aus. Diese Wellen sind energetische, elastische Wellen, die aus den ruckartigen Bewegungen im Hypozentrum resultieren. Diese führen schließlich zu den Erschütterungen, die wir an der Oberfläche spüren. Die direkten Auswirkungen können von kaum wahrnehmbaren Vibrationen bis hin zu katastrophalen Zerstörungen reichen. Selbst bei schwächeren Beben besteht dennoch Gefahr, so dass beispielsweise Dachziegel herabfallen und zu Verletzungen führen können.

Messung und Überwachung


Um die seismischen Aktivitäten zu überwachen, gibt es spezielle Messdienste. Für unser Bundesland ist der "Niedersächsische Erdbebendienst (NED)" zuständig, der beim "Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG)" angesiedelt ist. Dieser Dienst registriert und analysiert die Bodenbewegungen in der Region, um ein genaues Bild der Lage zu erhalten. Gemäß einer Prüfung der MDR WISSEN-Redaktion sei eine zuverlässige Vorhersage oder Früherkennung von Erdbeben nach heutigem Stand der Wissenschaft allerdings noch nicht möglich - ein Gerücht, das sich immer noch hält. Auch habe keine Forschungsgruppe eine Vorhersage auf Basis von Verhaltensänderungen von Tieren treffen können.

Seismograph bei der Aufzeichnung eines Erdbebens (Archiv)
Seismograph bei der Aufzeichnung eines Erdbebens (Archiv) Foto: via dts Nachrichtenagentur



Die Lage in Niedersachsen: Natürliche Ruhe, industrielle Unruhe


Laut dem "LBEG" gehört Norddeutschland zu den Gebieten in Deutschland mit der geringsten seismischen Aktivität. Starke, natürliche Erdbeben, die auf rein tektonische Verschiebungen zurückzuführen sind, sind aus historischer Zeit nicht bekannt. Die Gefahr eines schweren Naturbebens ist hier also als äußerst gering einzustufen.


Allerdings gibt es einen anderen Faktor: die Erdgasförderung Wie ein Bericht des NDR über ein Ereignis in Oldenburg zeigt, können durch die Förderung von Erdgas sogenannte "induzierte Erdbeben" ausgelöst werden. Dabei handelt es sich meist um schwächere Beben, die aber dennoch von der Bevölkerung wahrgenommen werden und zu Verunsicherung führen können. Die Situation in Niedersachsen ist also zweigeteilt: eine sehr geringe natürliche Gefahr, aber ein nachweisbares Risiko für kleinere, von Menschen verursachte Erschütterungen. Diese werden auch mit dem Begriff "induzierte Seismizität" erklärt.

So löst der Mensch Erdbeben aus.
So löst der Mensch Erdbeben aus. Foto: Swiss Seismological Service



Blick in andere Regionen: Wo die Erde häufiger bebt


Verlässt man Norddeutschland, ändert sich das Bild schlagartig. Die seismisch aktivsten Zonen sind die Kölner Bucht mit dem Niederrheingraben, die Schwäbische Alb sowie die Region Ostthüringen und Westsachsen. Bezüglich der Lage Kölns sagt der GFZ-Experte für historische Erdbeben, Gottfried Grünthal, wirklich erstaunliches: "Statistische Analysen zeigen, dass in der Niederrheinischen Bucht etwa alle hundert bis dreihundert Jahre mit einem Beben der Stärke 5,5 zu rechnen ist. Mit einem Beben der Stärke 6,5 ist etwa alle 1000 bis 3000 Jahre zu rechnen".

Die schwersten Beben: Ein Blick in die Geschichte


Obwohl die meisten Beben in Deutschland glimpflich verlaufen, gab es in der Vergangenheit auch hierzulande und in der unmittelbaren Nachbarschaft verheerende Ereignisse. Das mit Abstand zerstörerischste Beben im mitteleuropäischen Raum war das Erdbeben von Basel im Jahr 1356, wie aus historischen Aufzeichnungen hervorgeht, die unter anderem von regionalgeschichte.net archiviert werden.

Dieses Ereignis legte die Stadt Basel in Schutt und Asche, es soll tausende Tote gegeben und noch in hunderten Kilometern Entfernung zu spüren. In Deutschland war eines der schwersten Beben der jüngeren Geschichte das von Roermond (Niederlande) im Jahr 1992 mit einer Stärke von 5,9, dessen Auswirkungen besonders in Nordrhein-Westfalen deutlich zu spüren waren und zu erheblichen Schäden führten. Verglichen mit dem Ereignis von Basel sind die heutigen Beben in Deutschland jedoch um ein Vielfaches schwächer.