Brüssel. Die EU-Kommission will Investitionen von Großanlegern in europäische Start-ups durch Gesetzesreformen erleichtern. "Wir überprüfen derzeit die Gesetzgebung, um zu sehen, ob wir institutionellen Anlegern nicht einige Steine in den Weg gelegt haben, weshalb sie kaum Risikokapital investieren", sagte EU-Kommissarin Ekaterina Zaharieva dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Montagausgaben).
Hintergrund ist, dass Großanleger wie Pensionsfonds und Versicherungen Risikokapital vor allem in den USA statt in Europa investieren. "Wir müssen aber ebenso einen Risikokapitalmarkt in Europa aufbauen, der derzeit noch stark unterentwickelt ist", so die EU-Kommissarin. "Wir müssen Anreize für institutionelle Investoren wie Pensionsfonds und Versicherungen schaffen, um die privaten Investitionen zu erhöhen", sagte Zaharieva.
Konkret kündigte sie an: "Ich werde die Idee eines europäischen Fonds vorantreiben, der das Anfangsrisiko privater Investoren abdeckt und so Investitionen attraktiver macht", so die EU-Kommissarin. Gewinne von einem erfolgreichen Start-up könnten für diesen Fonds verwendet werden, der die Verluste der Investoren nicht erfolgreicher Start-ups teilweise kompensiert.
Zaharieva beklagte, dass die europäische Geschäftskultur auf ein möglichst geringes Risiko ausgelegt sei. "Das Mindset in Europa muss sich ändern, und dafür brauchen wir Zeit. Das beginnt bei der Erziehung in Europa und der großen Angst vor dem Scheitern", sagte Zaharieva. "Europas Angst vor dem Scheitern ist Gift für Innovationen."
In einigen Mitgliedstaaten bekäme man zum Beispiel nach einer Insolvenz jahrelang keinen Bankkredit mehr. "Diese konservative Art, Geschäfte zu machen, ist ein echtes Hindernis. Es wird Jahre dauern, bis sich das ändert."
Die EU-Kommission will im Sommer auch ein eigenes Gesetz zur Förderung europäischer Start-ups vorlegen. "Die Unternehmensgründung muss einfacher werden. Deshalb werden wir eine eigene EU-Gesetzgebung für Start-ups auf den Weg bringen", sagte die zuständige EU-Kommissarin. Sie werde das Gesetz als Teil der EU-Strategie für Start-ups und Wachstum Ende Juni vorlegen.
Zugleich kündigte die EU-Kommissarin die Reduzierung von Vorschriften an. "Bürokratieabbau hat für mich oberste Priorität", sagte sie. "Als EU-Kommissarin für Innovation ist Geld zwar sehr wichtig, aber ich will bei neuen Projekten nie zuerst über Geld reden, sondern über Vereinfachung. Wir wollen die Verfahren einfacher machen, damit Forscher forschen und Entwickler entwickeln können."
Die EU-Kommissarin lobte den deutschen Forschungsstandort als "hochkarätig und wettbewerbsfähig". "Deutschland hat eine lange Forschungstradition, eine starke Forschungsszene und exzellente Hochschulen, die für diese guten Ergebnisse verantwortlich sind. Jetzt gilt es, diese Spitzenforschung in marktfähige Produkte umzusetzen und im nächsten Schritt groß herauszubringen", sagte Zaharieva.
"Wir müssen aber auch die traditionellen Industrien dabei unterstützen, sich weiterzuentwickeln, innovativ zu sein und ihre Innovationskraft zu steigern. Diese Branchen schaffen viele Arbeitsplätze, und der größte Innovationsmotor in Europa war schon immer der Automobilsektor."
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