Berlin. EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni erwartet, dass sich die EU-Staaten auf ihrem Gipfel im Dezember auf weitergehende Maßnahmen gegen die hohen Energiepreise einigen werden. "Wir brauchen in der EU mehr gemeinsame Instrumente in der Energiekrise. Bei den EU-Maßnahmen für Energiekunden muss noch mehr kommen", sagte der italienische Politiker der "Welt" (Mittwochsausgabe).
"Ich will den Mitgliedstaaten nicht vorgreifen", so Gentiloni weiter. "Aber ich bin überzeugt, dass der nächste EU-Gipfel weitere gemeinsame Maßnahmen im Energiebereich beschließen wird." Er erinnere sich, wie schwierig es in den ersten Wochen der Coronakrise gewesen sei, eine gemeinsame Antwort auf die Herausforderungen der Pandemie zu finden.
"Aber ich erinnere mich auch daran, dass wir irgendwann den Durchbruch hatten", so Gentiloni. Innerhalb von wenigen Monaten sei das EU-Kurzarbeitergeld und etwas später dann das Corona-Wiederaufbauprogramm gestanden. "Jetzt haben wir auch gemeinsame Entscheidungen im Energiebereich getroffen, etwa die Gewinnabschöpfung bei den Energieunternehmen. Aber bei den EU-Maßnahmen im Energiebereich sind wir noch nicht am Ende."
Nötig seien zudem EU-Finanzhilfen für Mitgliedstaaten, die mit der Unterstützung ihrer Verbraucher und Unternehmen finanziell überfordert seien. Gentiloni und Binnenmarktkommissar Thierry Breton haben dafür Hilfskredite ins Gespräch gebracht, die mit neuen gemeinsamen EU-Schulden finanziert werden sollen. "Wenn wir die Energiekrise angehen wollen, müssen wir auch über neue gemeinsame Schulden reden", sagte Gentiloni. "Und wenn die gemeinsame Geldaufnahme richtig ausgestaltet ist, dann wäre solch ein Programm für Länder mit hoher Bonität kaum eine Belastung und wird auch nicht für Umverteilung zwischen den EU-Ländern sorgen. Für einzelne Mitgliedstaaten ist alles, was mit Umverteilung in der EU zu tun hat, ein rotes Tuch. Das können wir vermeiden."
Fiskalisch konservative Länder wie Deutschland und die Niederlande lehnen neue gemeinsame EU-Schulden bisher ab. Im Streit um einen EU-Preisdeckel für Gas hat sich der Ton zuletzt verschärft.
Eine Mehrheit von 15 EU-Mitgliedstaaten, darunter Italien, fordert einen Gaspreisdeckel auf EU-Ebene. Zuletzt hatten Belgien, Griechenland, Italien und Polen gedroht, das Energieministertreffens in der kommenden Woche zu blockieren, falls die Europäische Kommission bis dahin keinen entsprechenden Gesetzesvorschlag vorlege. Vor allem Deutschland, aber auch die Niederlande und Dänemark wehren sich jedoch gegen einen EU-Gaspreisdeckel. Sie teilen die Sorgen der Kommission, dass eine Preisobergrenze für in der EU verkauftes Gas die Gasversorgung der EU mit LNG-Flüssiggas gefährden könne.
Sie setzen stattdessen darauf, den Preis durch eine bessere Koordination beim Gaseinkauf in den Griff zu bekommen.
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