Ex-BND-Chefs warnen vor Arbeitsunfähigkeit des Geheimdienstes

Zwei ehemalige Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes (BND) sehen die Arbeit des BND akut gefährdet.

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Symbolbild. | Foto: Über dts Nachrichtenagentur

Berlin. Zwei ehemalige Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes (BND) sehen die Arbeit des BND akut gefährdet. Die einstigen BND-Chefs August Hanning (von 1998-2005) und Gerhard Schindler (2011-2016) sagten der "Bild" (Dienstagausgabe), der BND sei politisch und juristisch derart an die Kette gelegt, dass dies die Sicherheit Deutschlands zu gefährden drohe.


Das Land gerate nachrichtendienstlich immer mehr in Abhängigkeit anderer Staaten. Beide griffen das Bundesverfassungsgericht in ungewöhnlich scharfen Worten an. Das Gericht stelle die Rechte von Terroristen im Ausland, von Taliban und Milizen über die Sicherheit Deutschlands, sagte die früheren Geheimdienstler der "Bild". Während laut Schindler "etwa die Hälfte aller nachrichtendienstlichen Meldungen des BND auf der technischen Aufklärung im Ausland" beruhten, sei dem Dienst das Abhören im Ausland derart erschwert worden, dass die innere und äußere Sicherheit des Landes beeinträchtigt zu werden drohe. Hintergrund sei ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 2020 und eine daraus folgende, seit Januar geltende Gesetzesänderung (G10-Gesetz). Das Gericht habe darin Ausländern im Ausland, die im Fadenkreuz des BND sind, dieselben Grundrechte zugestanden wie deutschen Staatsbürgern. Gegenüber "Bild" zeigte sich Schindler entsetzt: "In einem Federstrich werden 7,5 Milliarden Menschen auf der Welt zu Grundrechtsträgern des deutschen Grundgesetzes erklärt - von einem deutschen Gericht. Ein weltweit einmaliger Vorgang." Die Arbeit des BND sei "erheblich erschwert", das ganze "eine Belastung für die Sicherheit Deutschlands". Dem BND seien "politische und bürokratische Fesseln" auferlegt worden, wie keinem anderen Auslandsnachrichtendienst der Welt. Ex-BND-Chef Hanning sagte derselben Zeitung: "Die Grundrechte des Grundgesetzes gelten danach auch für diejenigen, die deutsche Staatsbürger im Ausland als Geisel nehmen, Terroristen oder Milizen, die Anschläge gegen deutsche Soldaten planen." Hanning sprach von einem "Federstrich des Gerichtes", von einer "anmaßenden Handlung". Der BND könne international "nicht mehr auf Augenhöhe" agieren, so Hanning: "Ein nicht mehr voll leistungsfähiger Auslandsnachrichtendienst ist gefährlich für die äußere und innere Sicherheit unseres Landes." Schindler sprach laut "Bild" von "einem Sinnbild für die sicherheitspolitischen Irrwege der letzten Jahre". Schindler weiter: "Wer die Taliban in Afghanistan und die IS-Terroristen in Syrien unter den Schutz des Grundgesetzes stellt, hat juristisch und sicherheitspolitisch die Orientierung verloren. Die Väter des Grundgesetzes würden sich im Grabe umdrehen."

Hanning zu "Bild": "Die Grundrechte des Grundgesetzes gelten danach auch für diejenigen, die deutsche Staatsbürger im Ausland als Geisel nehmen, Terroristen oder Milizen, die Anschläge gegen deutsche Soldaten planen". Die Rechte der Terroristen "werden über die Sicherheit unseres Landes und seiner Bürger gestellt". Nach einem Urteil des Verfassungsgerichtes zum Abhören von ausländischen Journalisten im Ausland aus dem Jahr 2020, das zu Gesetzesänderungen führte, gelte auch für Terroristen im Ausland das deutsche Grundgesetz. Informationen dürften zudem nur noch mit Staaten ausgetauscht werden, die rechtsstaatlich auf deutschem Niveau lägen.

Der BND, so Schindler, dürfe demnach "Informationen nur noch mit Staaten austauschen, die rechtsstaatlich auf unserem Niveau liegen". Das schließe "große Teile der Welt aus" - darunter "Staaten wie Mali, in denen wir Bundeswehrsoldaten stationiert haben". Schindler zu "Bild": "Dort müsste der BND die Zusammenarbeit eigentlich beenden mit erheblichen Nachteilen für den Schutz unserer Soldaten - denn das Land wird von Putschisten geführt." Laut Hanning dürfte deutsche Behörden "eigentlich den Hinweisen ausländischer Dienste auf bevorstehende Anschläge in Deutschland nicht nachgehen".

Diese Erkenntnisse seien in Deutschland "von ausländischen Diensten mit eben den Methoden erzielt, die wir im Ausland ohne Erlaubnis durch ein deutsches Gericht nicht mehr anwenden dürfen". Hanning weiter: "Wir ernten damit nach der Logik des Gerichts `verbotene Früchte`." Gleichzeitig, so Schindler, distanziere sich die Politik "vollmundig von den Methoden, mit denen diese Informationen gewonnen worden sind." Schindler: "Das ist eine scheinheilige Politik." Es sei eine Frage der Zeit, "wie lange unsere Partner diese Doppelmoral noch akzeptieren", so Schindler. Schindler weiter: "Man könnte den Eindruck gewinnen, dass das Urteil davon ausgeht, dass vom Bundesnachrichtendienst größere Gefahren für unser Land ausgehen als von Terroristen oder Geiselnehmern im Ausland." Beispiele wie der jüngst durch einen Hinweis aus Frankreich aufgeflogene Russen-Spion beim BND und der durch Hinweise aus dem Ausland vereitelte Gift-Anschlag von Castrop-Rauxel seien, so Schindler, Alarmsignale: "Wir geraten in immer stärkere Abhängigkeit von unseren ausländischen Partnern." Der BND erklärte auf "Bild"-Anfrage, man habe "durch die neue Gesetzeslage mehr Rechtssicherheit".




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