Expertenrat beklagt fehlendes Gesamtkonzept beim Klimaschutz

Der Expertenrat der Bundesregierung für Klimafragen hat das Klimaschutzprogramm 2023 der Bundesregierung gerügt.

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Symbolbild. | Foto: Über dts Nachrichtenagentur

Berlin. Der Expertenrat der Bundesregierung für Klimafragen hat das Klimaschutzprogramm 2023 der Bundesregierung gerügt. Das Programm enthalte "wichtige Neuerungen", insbesondere in den Sektoren Industrie, Gebäude und Verkehr, die Maßnahmen zielten allerdings "vorrangig auf diejenigen Handlungsfelder zur Treibhausgasminderung ab, die bereits in der Vergangenheit bearbeitet wurden", heißt es in einer Stellungnahme des Gremiums, die am Dienstag veröffentlicht wurde.


"Erforderlich wäre eine Adressierung der Minderungspotenziale aller verfügbaren Handlungsfelder, beispielsweise auch der Abbau klimaschädlicher Subventionen, der bisher nur vage formuliert wird", sagte die stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats, Brigitte Knopf. Aus Sicht des Expertenrats fehlen ein "zusammenhängendes, in sich schlüssiges und konsistentes Gesamtkonzept und ein übergreifender Maßnahmenrahmen". Eine "konsequente, möglichst frühzeitige" Durchsetzung der festen Obergrenze im nationalen Emissionshandel, inklusive flankierender Maßnahmen zur sozialen und wirtschaftlichen Absicherung, wäre hierfür eine "naheliegende Option", so der Expertenrat. "Wir sehen Handlungsbedarf für die Bundesregierung sowohl hinsichtlich der Verbesserung der Datengrundlage der Klimapolitik, bezüglich des Schließens der verbleibenden Ziellücke als auch bei der Entwicklung eines Gesamtkonzepts", sagte Knopf.

"Besonderes Augenmerk sollte dabei auf die von der europäischen Lastenteilung betroffenen Sektoren gerichtet werden, die bisher im Kontext der Novelle des Klimaschutzgesetzes keine gesonderte Betrachtung finden." Mit dem Klimaschutzprogramm hatte die Bundesregierung ein Programm von rund 130 Maßnahmen vorgeschlagen, bei konsequenter Umsetzung soll sich die kumulierte Lücke zum Klimaschutzgesetz-Zielpfad für die Jahre 2021 bis 2030 bis auf rund 200 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente verringern. Damit habe das Klimaschutzprogramm einen "zwar hohen, aber gemäß Klimaschutzgesetz unzureichenden" Minderungsanspruch, so der Expertenrat. Die Bundesregierung lege dabei nicht dar, wie die verbleibende Differenz zu den KSG-Zielen geschlossen werden soll.

Man habe von der Bundesregierung "eine umfängliche, insgesamt aber unzureichende Datengrundlage" erhalten, hieß es. Daher könne man die von der Bundesregierung genannte Minderungswirkung des Programms nicht bestätigen. Dennoch gehe man von einem "substanziellen Beitrag" aus. "Die Maßnahmen im Klimaschutzprogramm können signifikante Treibhausgasminderungen ermöglichen, gerade in den Sektoren Energie und Industrie, aber auch im Gebäudesektor - je nach Umsetzung der GEG-Novelle", sagte der Vorsitzende des Expertenrats, Hans-Martin Henning.

"Bei etlichen Maßnahmen sehen wir die Realisierungswahrscheinlichkeit und die Abweichung zwischen der Realität und den Annahmen der Bundesregierung in den Unterlagen kritisch." Die erwartete Gesamtminderung werde daher "vermutlich überschätzt". Die gesonderte Prüfung des Expertenrats der Maßnahmen für Gebäude und Verkehr zeigt unterdessen, dass die von der Bundesregierung ausgewiesenen Treibhausgasminderungen für die beiden Sektoren nicht ausreichen würden, um die sektoralen Zielverfehlungen auszugleichen: So bleibt laut den vom Expertenrat geprüften Gutachten für den Gebäudesektor eine kumulierte Lücke bis zum Jahr 2030 von 35 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Im Verkehrssektor beträgt die Lücke bis 2030 zwischen 117 und 191 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente.

Die Spannbreite ergibt sich aus den unterschiedlichen Abschätzungen von Verkehrs- und Wirtschaftsministerium. Man stelle damit fest, dass laut der Zahlen der Bundesregierung die vorgelegten Maßnahmen zwar eine "emissionsmindernde Wirkung" hätten, aber die Anforderung an ein Sofortprogramm gemäß Klimaschutzgesetz nicht erfüllten, so der Expertenrat.


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