Berlin. Die Familie des NS-Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer warnt vor einem Missbrauch des Theologen im US-Wahlkampf durch rechte Kreise im Lager von Donald Trump.
"Mit Entsetzen verfolgen wir, wie das Vermächtnis von Dietrich Bonhoeffer zunehmend von rechtsextremen Antidemokraten, Fremdenfeinden und religiösen Hetzern verfälscht und missbraucht wird", heißt es in einem offenen Brief, über den die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitagausgaben) berichten. Der Appell ist von 86 der 100 erwachsenen Nachkommen von Bonhoeffers Geschwistern unterzeichnet.
Weiter heißt es dort: "Als direkte Nachfahren der sieben Geschwister des Theologen und von den Nazis hingerichteten Widerstandskämpfers können wir aufgrund der Familienüberlieferung bezeugen: er war ein friedliebender, freiheitlich gesinnter Menschenfreund. Niemals hätte er sich in der Nähe rechtsextremer, gewalttätiger Bewegungen gesehen, die heute versuchen, ihn zu vereinnahmen. Im Gegenteil, er hätte genau diese Haltungen kritisiert."
Deutsche und US-Theologen hatten bereits Mitte der Woche ebenfalls in einem offenen Brief gegen die Vereinnahmung des NS-Widerstandskämpfers protestiert. Christliche Nationalisten beriefen sich in der aufgeheizten Stimmung in den USA immer häufiger auf Bonhoeffer. Sein Leben und Werk würden in diesem Milieu zunehmend dazu benutzt, politische Gewalt zu legitimieren, heißt es dort. Unterzeichnet ist der Brief unter anderen von den beiden ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche (EKD), Wolfgang Huber und Heinrich Bedford-Strohm.
Die Bonhoeffer-Familie beklagt in ihrem Brief, dass Bonhoeffer-Zitate heute aus dem Zusammenhang gerissen sowie zu frommen Sprüchen und Widerstandspathos degradiert würden. Mit diesen Versatzstücken würden sich inzwischen viele schmücken, deren Absichten Bonhoeffers Denken und Handeln diametral widersprächen.
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