Berlin. Nach dem rechtsextremistischen Vorfall von Sylt rechnet die Gewerkschaft der Polizei (GdP) mit einer starken Zunahme von Ermittlungsfällen in den kommenden Monaten. "Wir werden in diesem Sommer deutlich mehr Anzeigen wegen rechtsextremer, volksverhetzender Vorfälle erleben", sagte der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben).
Der Vorfall in Sylt werde Gastgeber und Gäste auf Volksfesten und in Partyzelten sensibilisieren. Das sei gut so. "Auf diese Weise wird das Dunkelfeld der verfassungsfeindlichen Auftritte für die Ermittler deutlich heller." Der Fall von Sylt rüttele gerade das ganze Land wach, so der GdP-Chef: "Jeder kann sehen, was mit Leuten passiert, die ausländerfeindliche oder volksverhetzende Parolen grölen. Sie werden angezeigt, die Polizei ermittelt, sie verlieren zum Teil sogar ihre Jobs, ihr Ruf ist ruiniert."
Der GdP-Chef forderte zudem eine erhöhte Wachsamkeit von Veranstaltern und Gastgebern: "Wenn volksverhetzende Zeilen gesungen werden, kann man die Polizei rufen. Leute, die den Hitlergruß zeigen, sollte man sofort anzeigen." Bei Firmenfeiern und Betriebsausflügen sollten Arbeitgeber im Vorfeld klarstellen, dass es klare Spielregeln gibt, mahnte Kopelke: "Es ist wichtig, gerade jetzt darauf hinzuweisen, dass Parolen wie "Ausländer raus" oder der Hitlergruß kein Partyspaß sind, sondern eine Straftat."
Kopelke warnt Gastronomen davor, aus wirtschaftlichen Gründen nicht genau hinzusehen: Die Gastronomie habe durch die Corona-Pandemie massiv gelitten, viele könnten sich nicht leisten, Gäste und Umsatz zu verlieren. "Das darf aber nicht dazu führen, dass sich niemand mehr dafür interessiert, wer Gast ist." Wenn ein Gast mit strafbaren Handlungen auffalle, müssten Betreiber ihr Hausrecht durchsetzen und Anzeige erstatten. "Niemand sollte sich Illusionen machen: Der langfristige Schaden für Gastwirte, deren Gäste unwidersprochen Nazi-Parolen grölen können, ist enorm."
Kopelke forderte darüber hinaus die Länder auf, die Digitalisierung der Polizei zu beschleunigen: Im Sylter Fall hätten viele Menschen online Anzeige erstattet. Sie hätten das Video im Netz gesehen und sofort reagiert. Die Staatsanwaltschaft könne in solchen Fällen dann unmittelbar ermitteln, die Gerichte könnten schnell urteilen. "Digitale Anzeigen von Straftaten wie Volksverhetzung sind aber leider noch nicht flächendeckend in Deutschland möglich", kritisierte der GdP-Chef. Viele Länder seien hier noch nicht so weit wie die Polizei in Schleswig-Holstein. "Wir brauchen flächendeckend digitale Polizeiwachen, damit die Ermittlungsbehörden schnell reagieren können."
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