Washington/Berlin. Geoökonomen warnen sowohl bei einem Sieg von Donald Trump als auch Kamala Harris bei den Präsidentschaftswahlen vor Nachteilen für die deutsche Wirtschaft.
Beide Kandidaten versprächen, Amerika noch stärker, noch unabhängiger von der Welt machen zu wollen, sagte der Präsident des Peterson Institute for International Economics, Adam Posen, dem "Spiegel". Diese Rhetorik, so der US-Ökonom, bedeute höchstwahrscheinlich: "zusätzliche Zölle, neue Handelsschranken, mehr Protektionismus".
Natürlich operiere Trump dabei "auf einem völlig anderen Level" als Harris. Schließlich sei die Kandidatin der Demokraten pro Europa, glaube an internationale Institutionen, den menschengemachten Klimawandel und an transatlantische Partnerschaft. Eine Präsidentin Harris wäre für Deutschland, Europa und die Welt die weit bessere Nachricht.
Aber in Bezug auf China, so Posen, verfolge auch sie einen harten Kurs. Harris habe zwar versprochen, Zölle gegen China nicht "quer durch die Bank" erheben zu wollen, sehr wohl aber gezielt. Die Globalisierung nehme durch diese Rivalität Schaden.
"Es ist ein Paradigmenwechsel", sagte Claudia Schmucker, Leiterin des Zentrums für Geopolitik, Geoökonomie und Technologie bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), dem "Spiegel". "Das Zeitalter der Rivalität zwischen USA und China hat begonnen." In der Phase der Globalisierung sei es darum gegangen, billiger zu produzieren, effizienter zu werden. "Unsere Unternehmen waren die Gewinner dieser Ära", sagte Schmucker. "In dem Moment, wo die alte Ordnung zusammenbricht und Protektionismus die Weltmärkte aufspaltet, sind wir es, die darunter besonders leiden."
Die Umwälzungen würden immer spürbarer, so die Ökonomin. In den Handelsbeziehungen herrsche nun der "Primat der Wirtschaftssicherheit". Die Folge sei, dass die Produktion teurer werde. Immer häufiger deklarieren die USA Technologien als relevant für die nationale Sicherheit und untersagen den Export bestimmter Maschinen und Produkte etwa nach China. Betroffen sind davon keineswegs nur US-Firmen. "Die Amerikaner zwingen auch Unternehmen ihrer Bündnispartner mitzumachen", warnt Geoökonomin Schmucker, "auch die europäischen."
Die DGAP-Forscherin rät der deutschen Regierung dennoch, die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) hochzuhalten, die Protektionismus verhindern soll. Noch immer folgten 70 bis 90 Prozent des Welthandels diesen Regeln. Die Ökonomin warnt: "Wenn wir den Multilateralismus über Bord werfen, dann werden wir ihn nie zurückbekommen."
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