Lüneburg. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat am heutigen Dienstag einem Normenkontrolleilantrag zugestimmt, der sich gegen die in der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordnete Untersagung des Betriebs von Prostitutionsstätten und die Untersagung der Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Prostitution richtete, und die Bestimmung vorläufig außer Vollzug gesetzt. Das berichtet das Oberverwaltungsgericht in einer Pressemitteilung. Das heißt, die betroffene Regelung ist in Niedersachsen gegenwärtig nicht zu beachten. Der Beschluss ist unanfechtbar.
Der Antragsteller, der in Niedersachsen eine Prostitutionsstätte betreibt, hat seinen Antrag derart begründet, dass die vollständige Untersagung keine notwendige Infektionsschutzmaßnahme mehr sei und ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vorliege. Das Gericht folgte dieser Argumentation. Unter Berücksichtigung des aktuellen Infektionsgeschehens und der Relevanz der Prostitutionsausübung für das Infektionsgeschehen sei das umfassende und ausnahmslose Verbot der Ausübung der Prostitution offensichtlich nicht mehr erforderlich. Den Regelungsadressaten könnten vielmehr mildere Beschränkungen auferlegt werden, die gleichermaßen zur Förderung des legitimen öffentlichen Zwecks des Gesundheitsschutzes geeignet seien, wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 28. August 2020 zur vorläufigen Außervollzugsetzung der Schließung von Prostitutionsstätten, Bordellen und ähnlichen Einrichtungen sowie der Untersagung der Straßenprostitution nach dem Ende der sogenannten 2. Coronawelle in Deutschland aufgezeigt habe (regionalHeute.de berichtete).
Verletzung der Berufsfreiheit
Darüber hinaus verletze das umfassende Verbot der Ausübung der Prostitution und der Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Prostitution den allgemeinen Gleichheitssatz nach dem Grundgesetz. Unter Berücksichtigung des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der verbotenen Tätigkeiten und auch aller sonstigen relevanten Belange bestünden insbesondere mit Blick auf die sonstigen körpernahen Dienstleistungen, wie sie in der Corona-Verordnung behandelt worden seien, keine für den Senat nachvollziehbaren sachlichen Gründe, die eine weitere Aufrechterhaltung des umfassenden und ausnahmslosen Verbots gerade und nur betreffend die Ausübung der Prostitution und der Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Prostitution rechtfertigen könnten.
Eine Unterminierung der fraglos komplexen Pandemiebekämpfungsstrategie des Landes Niedersachsen sieht das Gericht durch die Entscheidung nicht. Die vorläufige Außervollzugsetzung habe zwar zur Folge, dass das umfassende Verbot der Prostitutionsausübung als solches nicht mehr zu beachten sei. Bis zu einer etwaigen Neuregelung durch den Verordnungsgeber seien aber die allgemeinen Beschränkungen des Paragraphen 10b der Corona-Verordnung zu beachten, die für die Erbringung aller körpernahen Dienstleistungen gälten.
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