Niedersachsen. Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom heutigen Dienstag § 9 Abs. 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung, der die Schließung von Diskotheken, Clubs und ähnlichen Einrichtungen sowie Shisha-Bars ab einer 7-Tage-Inzidenz von mehr als 10 anordnet, einstweilig außer Vollzug gesetzt. Das berichtet das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in einer Pressemitteilung.
Die Antragstellerin, die eine Shisha-Bar in Delmenhorst betreibt, hatte sich mit einem Normenkontrolleilantrag gegen diese Regelung gewandt und argumentiert, die Schließung sei unverhältnismäßig. Nach den vom RKI aufbereiteten Daten spiele das Infektionsumfeld “Gaststätte“ oder „Shisha-Bar“ nur eine untergeordnete Rolle. Darüber hinaus seien die Inzidenz-Werte willkürlich gewählt und nicht mehr hinreichend aussagekräftig, da sie die notwendigen Parameter nur unzureichend berücksichtigten.
Keine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des Infektionsschutzgesetzes
Der Senat hat dem Antrag entsprochen. Es handele sich bei der Schließung der genannten Einrichtungen nicht um eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Insbesondere lägen die speziellen Voraussetzungen des IfSG nicht vor. Diese Vorschrift sehe drei unterschiedliche Inzidenzbereiche (über 50, über 35, unter 35) vor. Dies schließe es aus, die derzeit angeordnete Schließung von Diskotheken, Clubs und ähnlichen Eirichtungen sowie Shisha-Bars bereits bei einem 7-Tage-Inzidenzwert von mehr als 10 anzuordnen. Unterhalb einer 7-Tage-Inzidenz von 35 kämen bei der im Infektionsschutzgesetz vorgesehenen Staffelung lediglich allgemeine Regelungen, wie Test- und Maskenpflicht sowie die Kontaktdatenerhebung, äußerstenfalls Zugangsbeschränkungen in Betracht. Generelle Betriebsschließungen einzelner Branchen seien damit nicht vereinbar.
Der Senat hat zudem darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf das Fortschreiten der Immunisierung der Bevölkerung und der damit verbundenen weitgehenden Beschränkung des Infektionsgeschehens auf weniger vulnerable (jüngere) Gruppen eine Anpassung der Schwellenwerte an die geänderte Sachlage erforderlich sei. Auf Grundlage der derzeit geltenden Schwellenwerte könnten schwerwiegende Grundrechtseingriffe nur noch für einen kurzen Übergangszeitraum gerechtfertigt werden.
Neuregelung der Schwellenwerte geboten
Eine Unterminierung der komplexen Pandemiebekämpfungsstrategie sei durch die vorläufige Außervollzugsetzung nicht zu befürchten. Diese Regelung sei nicht Bestandteil eines zwischen allen Bundesländern abgestimmten Gesamtkonzepts. Die Verordnung enthalte Regelungen etwa zu Hygienekonzepten, Kapazitätsbeschränkungen und Testverpflichtungen, die vorübergehend auch oberhalb der 7-Tage-Inzidenz von 10 auf Diskotheken, Clubs und ähnliche Einrichtungen sowie Shisha-Bars angewendet werden könnten. Es müsse der gebotenen Neuregelung der Schwellenwerte überlassen bleiben, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen diese Einrichtungen, die fraglos zu einem erhöhten Infektionsrisiko führten, wieder geschlossen werden sollten.
Die Außervollzugsetzung des § 9 Abs. 5 Corona-VO ist allgemeinverbindlich, das heißt die betroffene Regelung ist in Niedersachsen gegenwärtig nicht zu beachten. Der Beschluss ist unanfechtbar.
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