Gesetz geplant: Diese Rechte soll die Polizei bekommen

Die niedersächsische Polizei soll mit der Novelle zeitgemäße Rechtsgrundlagen für ihre Arbeit bekommen.

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Symbolfoto | Foto: Rudolf Karliczek

Niedersachsen. Das Landeskabinett hat am gestrigen Dienstag einen Gesetzentwurf zur Änderung des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (NPOG) zur Verbandsanhörung freigegeben. Die niedersächsische Polizei soll mit der Novelle zeitgemäße Rechtsgrundlagen für ihre Arbeit bekommen. Darüber informiert die Niedersächsische Landesregierung in einer Pressemitteilung.



Die Polizei soll demnach neue Befugnisse für den Einsatz moderner Methoden der Datenerhebung und -analyse erhalten, um zukünftigen Bedrohungslagen effektiv begegnen zu können.

Schutz der Grundrechte


Mit der Novelle sollen neue Befugnisnormen in das NPOG aufgenommen sowie bereits bestehende Befugnisnormen erweitert oder klarstellend geregelt werden. Der Entwurf berücksichtige dabei sowohl das polizeiliche Interesse an der Nutzung neuer, zeitgemäßer Einsatzmittel als auch die datenschutzrechtlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben für deren Einsatz.

Der Gesetzentwurf verlange insbesondere bei den eingriffsintensiveren Maßnahmen, wie beispielsweise der Echtzeit-Fernidentifizierung, hohe Eingriffshürden und sehe die richterliche Anordnung von Maßnahmen vor, um den Schutz der Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten.

Fußfessel soll möglich werden


Unter bestimmten Voraussetzungen und nach richterlicher Anordnung soll künftig die Fußfessel nach dem „Spanischen Modell“ auch in Niedersachsen bei Fällen von häuslicher Gewalt zum Einsatz kommen. Dabei überwacht das System zeitgleich den Standort des Täters und – mit Einwilligung – den der gefährdeten Frau. Ziel des „Spanischen Modells“ sei es, das Opfer beziehungsweise die gefährdete Frau durch dieses technische Mittel im Falle einer Annäherung zu informieren und vorzuwarnen, um weitere Übergriffe und Annäherungen durch den Täter zu verhindern.

Opfern häuslicher Gewalt – zumeist Frauen - soll ein sogenannter Tracker beziehungsweise ein technisches Mittel zur Verfügung gestellt werden, um diese unmittelbar elektronisch zu warnen, sobald der Abstand zum Täter eine bestimmte Distanz unterschreitet. Die Einsatzmöglichkeiten der elektronischen Fußfessel, die bislang vor allem für terroristische Gefährder vorgesehen ist, würde damit erweitert werden. Flankierend soll die Übermittlung der Daten von Tätern an geeignete Beratungsstellen geregelt werden. Damit könne Tätern möglichst zeitnah ein entsprechendes Beratungsangebot gemacht werden.

Intelligente Videoüberwachung


Durch die intelligente Videoüberwachung könnten zukünftig in Videoaufzeichnungen aufgrund bestimmter Verhaltens- oder Objektmuster automatisiert bestimmte Gefahrensituationen in Echtzeit erkannt werden, die auf die Begehung von Straftaten hindeuten. Davon zu unterscheiden sind biometrische Echtzeit-Fernidentifizierungssysteme, die ebenfalls Teil des Gesetzentwurfs sind. Diese Systeme können auf Grundlage eines Abgleichs mit biometrischen Daten einzelne Personen identifizieren.

Der Einsatz solcher Systeme sei nach den Vorgaben der KI-Verordnung der EU nur unter besonders engen Voraussetzungen zulässig. Diese sollen der Polizei unter anderem bei der Abwehr von Terrorgefahren sowie bei der Suche nach Opfern von Entführung, Menschenhandel oder sexueller Ausbeutung und nach vermissten Personen helfen. Teil der Gesetzesnovelle ist auch eine spezifische Befugnis für die Polizei, zur Identifizierung und Lokalisierung insbesondere von Tatverdächtigen, einen nachträglichen biometrischen Abgleich mit öffentlich zugänglichen Daten aus dem Internet vornehmen zu können.

Erweiterter Einsatz von Bodycams


Bei Polizeieinsätzen sollen Bodycams noch stärker als bisher zur Transparenz und Nachvollziehbarkeit beitragen können. Die Polizei Niedersachsen soll sie künftig einschalten, wenn sie unmittelbaren Zwang anwendet oder androht. Lässt die Situation dies nicht zu oder gibt es andere Gründe, die gegen den Einsatz der Bodycam sprechen, darf diese aber auch abgeschaltet bleiben. Eine Pflicht zum Mitführen einer Bodycam geht mit der vorgesehenen Novellierung nicht einher.

Der Gesetzentwurf sieht auch die Möglichkeit einer automatisierten Auslösung der Bodycam bei jedem Schusswaffeneinsatz vor (Holster-Signalvorrichtung). Eine weitere wichtige Neuerung wäre, dass Bodycams auch in Wohnungen genutzt werden dürfen. Einsätze in Wohnungen bringen aufgrund der beengten Situation für die Einsatzkräfte besondere Gefahren mit sich. Darüber hinaus soll in diesen Fällen die Möglichkeit bestehen, eskalierende Situationen durch das Einschalten der Bodycam zu beruhigen.

Drohneneinsätze mit klaren Regeln


Ebenfalls Bestandteil der NPOG-Novelle ist eine klarstellende Rechtsgrundlage für den Einsatz von unbemannten Fahrzeugsystemen – zum Beispiel Drohnen. Sie können zur Datenerhebung bei verschiedenen offenen und verdeckten Maßnahmen eingesetzt werden, beispielsweise für die Beobachtung im Rahmen von polizeilichen Großeinsatzlagen. Von enormer Bedeutung sei angesichts der technischen Entwicklung und der aktuellen Bedrohungslage auch die Detektion und Abwehr von Drohnen, die unberechtigt oder mit unklarem Auftrag beispielsweise über kritischer Infrastruktur, militärischen Liegenschaften oder Menschenmengen im Einsatz sind. Auch hierfür werde eine neue eigenständige Rechtsgrundlage geschaffen.

Zuverlässigkeitsüberprüfung von Personal


Schließlich enthält der Entwurf eine Regelung zur Datenverarbeitung der Polizei im Zusammenhang mit Zuverlässigkeitsüberprüfungen. Dies betrifft besonders gefährdete Veranstaltungen, die im Fokus der Öffentlichkeit stehen und bei denen der Veranstalter das einzusetzende Personal auf seine Zuverlässigkeit überprüfen muss, um die Sicherheit der Veranstaltung zu gewährleisten – beispielsweise bei internationalen Sportveranstaltungen. Zuverlässigkeitsüberprüfungen im Zusammenhang mit gefährdeten Veranstaltungen werden danach auch weiterhin nur mit Einwilligung der betroffenen Personen erfolgen.

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