Gewalt gegen Frauen: Was Sie tun sollten, wenn Sie dieses Zeichen sehen

Dieses einfache, aber wirkungsvolle Signal kann Betroffenen helfen, ohne Worte auf ihre Lage aufmerksam zu machen und Unterstützung zu erhalten. Wenn es vom Gegenüber denn richtig verstanden wird.

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Wissen Sie, was dieses Handzeichen bedeutet und was Sie tun sollten, wenn Sie es sehen?
Wissen Sie, was dieses Handzeichen bedeutet und was Sie tun sollten, wenn Sie es sehen? | Foto: Anke Donner

Region. Die kürzlich vom Bundesministerium des Innern und für Heimat veröffentlichten Zahlen zum heutigen „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ - auch Orange Day genannt - zeichnen ein erschreckendes Bild: 2023 gab es beinahe jeden Tag einen Femizid in Deutschland. In der gesamten Region werden am heutigen Montag verschiedenen Aktionen stattfinden, um auf das ernstes und oft unsichtbare Thema aufmerksam zu machen. Auch jeder Bürger selbst kann helfen, wenn er ein ganz bestimmtes Zeichen zu sehen bekommt.



Gewalt gegen Frauen und Mädchen kommt in allen sozialen Schichten vor. Häusliche Gewalt, sexuelle Übergriffe, Vergewaltigungen, Missbrauch und Erniedrigungen finden vor allem nicht selten innerhalb der Partnerschaft statt. Der Anteil an weiblichen Opfern, die im Zusammenhang mit partnerschaftlichen Beziehungen Opfer von Tötungsdelikten wurden, liegt laut Ministerium bei 80,6 Prozent. Oft bleiben die Taten aus Angst im Verborgenen, die Dunkelziffer, so wird angenommen, liegt vermutlich noch deutlich höher.

Fast jeden Tag ein Todesopfer


Im Jahr 2023 wurden nach Angaben des Ministeriums 938 Frauen und Mädchen Opfer von versuchten oder vollendeten Tötungsdelikten (2022: 929). Damit machten sie 32,3 Prozent aller registrierten Opfer von Tötungsdelikten aus. Besonders erschreckend: 80,6 Prozent dieser Frauen wurden im Kontext einer partnerschaftlichen Beziehung getötet. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 360 Frauen und Mädchen Opfer vollendeter Tötungsdelikte – statistisch gesehen bedeutet dies, dass in Deutschland fast jeden Tag ein Femizid begangen wurde.

Die für die Region zuständige Polizeidirektion Braunschweig registrierte im vergangenen Jahr 4.610 Fälle von häuslicher Gewalt (2022: 3.928). Davon waren 2.667 Fälle (2022: 2.375) Gewalttaten innerhalb einer Partnerschaft, 2.888 aller Opfer waren Frauen.

Eine simple Geste kann helfen


Gerade weil viele dieser Verbrechen im Verborgenen geschehen, ist es entscheidend, dass Frauen in gefährlichen Situationen diskrete und sichere Möglichkeiten haben, auf ihre Not aufmerksam zu machen. Eine solche Möglichkeit kann das sogenannte „Handzeichen für Hilfe“ sein. Dieses einfache, aber wirkungsvolle Signal kann Betroffenen helfen, ohne Worte auf ihre Lage aufmerksam zu machen und Unterstützung zu erhalten. Wenn es vom Gegenüber denn richtig verstanden wird.

Was ist das „Handzeichen für Hilfe“?


Das Handzeichen wurde im Jahr 2020 von der Canadian Women’s Foundation entwickelt und fand durch die sozialen Medien schnell weltweite Verbreitung. Es ist besonders für Situationen gedacht, in denen es für Frauen nicht sicher ist, offen um Hilfe zu bitten. Das Handzeichen funktioniert ohne Worte und in jeder Sprache. Es kann beispielsweise während eines Videotelefonats, an einer Tür oder sogar im öffentlichen Raum verwendet werden. Dabei wird die Handfläche zum Gegenüber gestreckt, dann der Daumen zur Handinnenfläche gebeugt und anschließend werden die restlichen Finger über den Daumen geklappt, sodass die Hand zu einer Faust geschlossen wird.

Wie kann ich helfen, wenn ich das Handzeichen sehe?


Doch was soll man tun, wenn einem diese Zeichen auf der Straße, an der Wohnungstür der Nachbarin oder aus einem Auto heraus gezeigt wird? Matthias Pintak, Sprecher der Polizeiinspektion Salzgitter / Peine / Wolfenbüttel, erklärt, dass es zunächst immer wichtig sei - so wie in allen Fällen der Zivilcourage - sich nicht selber in Gefahr zu bringen. "Dennoch kann von jedem erwartet werden, dass er etwas tut, um der Frau zu helfen", so Pintak. Entscheidend sei, die Situation zu beobachten, richtig einzuschätzen und zu handeln. "Das kann einmal sein, dass ich der Person in der Situation helfe, indem ich sie anspreche und frage, wie ich ihr helfen kann."

Pintak rät aber auch, sich immer Hilfe zur Seite zu holen. "Das kann die Polizei sein, aber das können auch Mitmenschen sein, die sich in der Nähe befinden." Passanten sollte man unbedingt ganz direkt ansprechen und sie um Hilfe bitten. "Die Passanten müssen aus der Anonymität geholt werden, indem man sie gezielt um Hilfe bittet. Am besten gleich mehrere", sagt Pintak.

Polizei einschalten


Pintak weist noch einmal auch auf die Gefahren hin, die ein solches Einschreiten mit sich bringen kann. "Oft ist es so, dass die Frauen massiv bedroht werden und die Männer gewaltbereit sind. Und heutzutage können wir nicht davon ausgehen, dass sie nicht bewaffnet sind. Von daher sollte sich niemand selber in Gefahr bringen." Nicht auszuschließen sei auch, dass der Mann hochgradig gefährlich ist und die Frau nach einem Hilferuf in einer noch größeren Gefahr schwebt. "Das heißt, die Situation beobachten ist ganz wichtig", so Pintak.

Hilfreich seien auch einfach nur Hinweise auf die Situation oder den Täter, die der Polizei übergeben werden können. Das können beispielsweise Fotos und Beschreibungen sein. Auch könne man beispielsweise dem Paar folgen, um so der Polizei genaue Ortsangaben übermitteln zu können.

In allen Fällen sollte die Polizei unter der Rufnummer 110 verständigt werden. Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass der Anrufer eine Situation falsch eingeschätzt oder missverstanden hat, sei das kein Problem. Niemand müsse mit Konsequenzen oder Kosten rechnen. "Kein Anruf ist zu viel", macht Pintak deutlich. Wegsehen sollte aber auf keinen Fall eine Option sein.


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