Gifhorn. Die Anzahl der aufgrund des neuartigen Coronavirus Erkrankten in der Region nimmt mehr und mehr zu. Das Helios-Klinikum in Gifhorn bereitet sich bestmöglich auf die zu erwartenden COVID-19 Fälle vor. Noch ist die Lage ruhig - doch die Horrorbilder aus Italien, wo bereits Patienten die Behandlung verweigert werden musste, beunruhigt viele Bürger in Deutschland. In Wolfsburg ist kürzlich der erste Corona-Patient in der Region gestorben. Wie lange werden die Betten in Gifhorn reichen?
Nach Angaben des deutschen Ärzteblattes werden etwa zehn Prozent aller Erkrankungsfälle beatmungspflichtig. Das Robert Koch-Institut geht von etwa fünf Prozent aus. Wie Professor Harald Lesch in seinem aktuellen Video beschreibt, würde das deutsche Gesundheitssystem demnach bereits am kommenden Samstag an seine Grenzen stoßen - dieses Szenario gelte jedoch nur, wenn die Gegenmaßnahmen, die in Form eines Kontaktverbotes und der weitreichenden Einschränkung des öffentlichen Lebens von der Landesregierung erlassen wurden, ignoriert würden.
Auch mit der bloßen Anzahl der Beatmungsplätze sei es nicht getan - die Beatmung sei laut Lesch eine "medizinische Hochleistung", die nur durch Experten durchzuführen sei. Der kleinste Fehler könne zum Tod führen. In jedem Fall sei es eine "traumatische Erfahrung" für die betroffenen Patienten. Eine Tatsache, die den Krankenhäusern in der Region bewusst ist. Man rüstet auf.
20 Beatmungsplätze sollen bereitstehen
Nach Angaben von Klinikumssprecherin Lisa Altenbeck stehen im Gifhorner Helios-Klinikum zurzeit 14 Intensivbetten mit Beatmungsgerät zur Verfügung. "Maßnahmen zur Erhöhung dieser Kapazität wurden bereits getroffen. Diese sollen in den nächsten Wochen aufgestockt werden. Das Klinikum ist dann kurzfristig in der Lage sechs weitere Beatmungsplätze bereitzustellen." Doch trotz der Anordnung, planbare und nicht zwingend notwendige Operationen zu verschieben, liegt die durchschnittliche Auslastung der Intensivstationen in Deutschland bei 80 Prozent. Bei 14 Betten hieße dies, dass etwa elf Plätze bereits durch Patienten mit anderen medizinischen Problemen belegt sind. Bei den bislang in Gifhorn erkrankten 35 Personen (Stand 23. März, 15 Uhr) befinden sich am heutigen Montag drei Patienten in Behandlung. Der genaue Zustand dieser wäre allein datenschutzrechtlich schon schwer zu berichten, jedoch könnten sie beatmungspflichtig werden.
Wann ist das Limit erreicht?
Die ersten beiden Fälle einer Corona-Infektion in Gifhorn traten am 12. März auf und ist bis zum heutigen Montag auf 35 gestiegen. Hieraus ergibt sich ein durchschnittlicher Anstieg an bestätigten Infizierten von drei pro Tag, seit dem ersten Auftreten des Virus im Landkreis. Werden die sechs weiteren geplanten Betten ausschließlich für Coronafälle vorgehalten, hieße dies im Umkehrschluss, dass nach den optimistischen fünf Prozent beatmungsbedürftigen Patienten, die das Robert Koch-Institutes prognostiziert, bei ziemlich genau 180 bestätigten Fällen in Gifhorn Schluss sein dürfte. Bei der Ansteckungsrate, die seit dem 12. März in Gifhorn aufgetreten ist, wäre dies in etwa acht Wochen der Fall - bei den Zahlen des Ärzteblattes in vier Wochen.
Überlastung des Krankenhauses unwahrscheinlich
Dieses Szenario stellt jedoch nicht die Verlangsamung des Verlaufes durch die von der Regierung angeordneten Maßnahmen dar. Die Anzahl der Neuinfektionen ist laut Robert Koch-Institut seit dem gestrigen Sonntag leicht zurückgegangen. Dabei sind die Maßnahmen erst seit etwa einer Woche in Kraft - Das Kontaktverbot sogar erst seit dem gestrigen Sonntag. Eine Überlastung der Beatmungsplätze im Klinikum Gifhorn ist demnach unwahrscheinlich. Es gilt nach wie vor: Jeder kann einen Beitrag zur Reduzierung der Infektionszahlen leisten.
Auch Personal wird aufgestockt
Die Versorgungslage steht und fällt mit ausgebildeten Experten zur Bedienung der medizinischen Geräte. Das Helios-Klinikum sieht sich hier jedoch gut aufgestellt. Klinikgeschäftsführer Matthias Hahn weist darauf hin, dass die Ausbildung von Intensivschwestern eine hohe Priorität habe. „Wir bereiten uns auf die zu erwartenden COVID-19-Fälle vor, indem Schwestern von Normalstationen und Anästhesieschwestern an Beatmungsgeräten ausgebildet werden. Da wir das Elektivgeschäft auf ein Minimum reduziert haben, stehen uns ausreichend Ärzte zur Verfügung“, erläutert Hahn.
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