Dachdecker-Innung trifft sich zur Herbstversammlung


Die Wandergesellen hatten lustige Anekdoten im Gepäck. Foto: Dachdeckerinnung
Die Wandergesellen hatten lustige Anekdoten im Gepäck. Foto: Dachdeckerinnung

Gifhorn. Im Rahmen der Herbstversammlung der Dachdecker-Innung konnte Obermeister Dirk Hildebrandt am Mittwoch auch vier Wandergesellen aus dem Dachdecker- und Zimmererhandwerk im Gasthaus Evers in Isenbüttel begrüßen, die die Versammlungsteilnehmer mit einem kurzweiligen Vortrag und erlebten Anekdoten von der sogenannten Tippelei unterhielten.


Zunächst standen jedoch als offizielle Punkte ein Kurzbericht des Obermeisters, die Festlegung von Terminen im nächsten Jahr sowie ein Bericht von Lehrlingswart Jürgen Schacht über die erfolgten Gesellen- und Zwischenprüfungen auf der Tagesordnung.

Nach diesen kurzen Punkten übergab Obermeister Hildebrandt das Wort dann an die Wandergesellen Andi Bartl, Till Küster, Eike Rischies und Lukas Weber. So lernten die Anwesenden wie es ist, drei Jahre und einen Tag auf der Wanderschaft zu sein, ohne unnötigen Ballast und nur mit dem notwendigsten Gepäck immer weiter als mindestens 60 Kilometer von zu Hause entfernt zu sein. Dabei ist man frei von allen Zwängen, dafür zünftig und ehrbar, muss jedoch schulden- und kinderlos sowie unter 27 Jahren alt sein. Doch nicht nur Dachdecker- und Zimmerergesellen gehen auf die Wanderschaft, seit dem Beginn im Mittelalter vor über 800 Jahren sind heute zirka. 40 Handwerksgewerke unterwegs. So bewegen sich absolut gesehen zirka 500 bis 600 Gesellen, somit aber gerade mal nur ein Prozent auf der Walz. Die Vier erzählten von ihren Starts in Augsburg, Cuxhaven, Bamberg und dem südlichen Schwarzwald und wie es ist, vom sogenannten Exportgesellen, also dem Wandergesellen, der neue Brüder in die Gepflogenheiten einführt, überprüft und kontrolliert, am Ortsschild abgeholt zu werden. Sämtliche Kenntnisse werden hierbei traditionsgemäß nur von Mund zu Mund weitergegeben.

Es geht um Tradition


Überhaupt spielen Traditionen und Ehrbarkeit eine große Rolle unter den Wanderburschen. Die Zunftkleidung ist an der Jacke mit sechs Knöpfen, stellvertretend für die Arbeitstage und an der Weste mit acht Knöpfen, bildlich für acht Arbeitsstunden pro Tag versehen. Sie bestehen nach wie vor aus Perlmutt, auch als altertümliches Zahlungsmittel bekannt. Jeder Wanderbruder besitzt seinen Wanderstock, den sogenannten Stenz sowie einen Ohrring im selbstgestochenen Ohrloch. Man konnte im Saal förmlich den Stolz auf den Ehrenkodex fühlen, den die Wandergesellen an diesem Abend ausstrahlten.

Momentan arbeiten alle vier im Betrieb von Hildebrandt in Groß Oesingen, in der Regel 3 bis 12 Wochen, dann geht die Wanderschaft weiter. Doch auch an Weihnachten und an Geburtstagen dürfen die jungen Männer nicht nach Hause, so verlangt es die Tradition. Übereinstimmend berichteten alle wie froh sie sind, im Moment keine Handys besitzen zu dürfen sondern nur ihr Wanderbuch. Man verlässt sich auf mündliche Absprachen und sieht die Zeit der Wanderschaft keinesfalls als Flucht an, sondern als Chance zur sowohl handwerklichen als auch menschlichen Weiterbildung und Selbstfindung.

Abgerundet wurde der Abend anschließend mit einem traditionellen Gänseessen, nicht jedoch bevor Dirk Hildebrandt von seinen Vorstandskollegen Axel Hertwich und Thomas Henke noch ein Innungsgeschenk unter anderem in Form von Babywindeln in Empfang nehmen durfte. Der Obermeister war am Sonntag Vater einer Tochter geworden, seines mittlerweile vierten Kindes.