Dichtere Besiedlung in Gamsen geplant - Es gibt auch Kritik

Die Stadt Gifhorn möchte den Eigentümern in den Baugebieten Ahnenwende und Neubokeler Weg ermöglichen, auf ihren Grundstücken zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Jetzt fand zu dem Thema eine Bürgerinformation statt.

Am Montag hatten Interessierte die Möglichkeit, sich im Rahmen einer Veranstaltung über die Neufassung der Bebauungspläne zu informieren.
Am Montag hatten Interessierte die Möglichkeit, sich im Rahmen einer Veranstaltung über die Neufassung der Bebauungspläne zu informieren. | Foto: Stadt Gifhorn

Gifhorn. Die Stadt Gifhorn möchte den Eigentümern in den Baugebieten Ahnenwende und Neubokeler Weg in Gamsen ermöglichen, auf ihren Grundstücken zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Im Rahmen des öffentlichen Beteiligungsprozesses konnten sich Anfang der Woche alle Interessierten bei einer Bürger- und Öffentlichkeitsinformation im Dorfgemeinschaftshaus Gamsen über die wesentlichen Inhalte der Neufassung der Bebauungspläne Nr.1 Ahnwende III und Nr. 4 Neubokeler Straße informieren. Hierüber berichtet die Stadt in einer Pressemeldung.



Rund 70 Personen waren gekommen, davon etwa 55 Bürgerinnen und Bürger aus den besagten Baugebieten. Gut zweieinhalb Stunden lang wurde rege und auch kontrovers diskutiert.

Ein zweites Haus


Was ist der Grund für eine Neufassung der Bebauungspläne? Bereits 2022/2023 hatten sich zahlreiche Grundstückseigentümer an den Ortsrat gewandt, mit der Bitte sich dafür einzusetzen, dass sie auf ihren großen Grundstücken ein zweites Haus für ihre Familien bauen können. Der Fachbereich Stadtentwicklung nahm dieses Anliegen auf und am 19. Juni 2023 erfolgte der Aufstellungsbeschluss.

Maike Klesen, Fachbereichsleiterin Stadtentwicklung, erklärte am Montag ausführlich die Planinhalte der rechtskräftigen Pläne aus den frühen 60er Jahren, stellte sie den geplanten neuen Festsetzungen gegenüber und erläuterte die Unterschiede. Stadtbaurat Oliver Bley moderierte die Wortbeiträge der Anwesenden.

Nach der alten Bauordnung des Regierungsbezirkes Lüneburg aus dem Jahr 1962 können in dem Gebiet zwei Vollgeschosse errichtet werden, wobei das zweite Geschoss ein Dachgeschoss sein muss. Eine Regelung zur absoluten Höhe gibt es nicht. Außerdem sind im Kleinsiedlungsgebiet Ahnwende Wohngebäude nur als Ausnahme mit maximal zwei Wohneinheiten zulässig. Denn ein Kleinsiedlungsgebiet ist ein Gebiet mit Kleinsiedlungen, landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen und Gartenbaubetrieben.

Nachverdichtung mit Augenmaß


Faktisch bestehe das Gebiet zwischen Immenweg und Am Sportplatz heute jedoch fast ausschließlich aus Wohngebäuden. Daher schlage man vor, den Gebietscharakter der tatsächlichen Nutzung anzupassen, erläuterte Maike Klesen. Um eine Nachverdichtung mit Augenmaß zu ermöglichen, soll auch zukünftig eine Regelung zur Anzahl der zulässigen Wohnungen getroffen werden. Je Wohngebäude sind maximal zwei Wohnungen und je angegangenen 600 Quadratmeter Grundstücksfläche eine Wohnung realiserbar.


Ein Beispiel: Auf einem 750 Quadratmeter großen Grundstück könnten künftig zwei Wohnungen in einem oder verteilt auf zwei Häuser gebaut werden. Um das zu ermöglichen, sollen die Baugrenzen künftig so flexibel wie möglich gehalten werden. Die Gebäude müssen nach der niedersächsischen Bauordnung die notwendigen Abstände in Abhängigkeit von der Höhe untereinander und zu den Nachbargrundstücken einhalten.

Zwei Vollgeschosse plus Dachgeschoss


Die alte Geschossigkeit basierend auf den Regeln von 1962 soll durch die aktuellen Regelungen ersetzt werden. Das heißt: Künftig sollen zwei Vollgeschosse zuzüglich eines ausgebauten Dachgeschosses ermöglicht werden. Die maximale Traufhöhe und Oberkante orientieren sich dabei an den vorhandenen Höhen. Für eingeschossige Gebäude bedeutet das: die Traufhöhe wird auf 5 Meter und die Oberkante auf 10 Meter gegrenzt. Für zweigeschossige Gebäude bedeutet das: die Traufhöhe wird auf 7,70 Meter und die Oberkante auf 11 Meter begrenzt.

Worauf basieren diese Festlegungen? Ortsrat und Fachausschuss haben sich zu Beginn der Planungen vor Ort einen Eindruck über die bereits vorhandenen Gebäudehöhen und die Gebäudegestalt verschafft. Dabei kam auch ein Lasergerät zum Einsatz. Mit dem Eindruck des vorhandenen Ortsbildes, der vorhandenen Höhen und der Topographie wurden dann die neuen Festsetzungen entwickelt. In den örtlichen Bauvorschriften werden insbesondere dezidierte Regelungen zur Dachform getroffen. Vorrangig sollen auch künftig beidseitig gleich geneigte Dächer (Sattel-, Pult-, versetztes Pult-, Walmdächer etc.) ermöglicht werden. Aus ökologischen Gründen sollen aber auch begrünte Dächer und damit auch Flachdächer als Ausnahme zugelassen werden.

Sorgen über Parkraumsituation


Nach der Präsentation entspannte sich eine konstruktive, lebhafte aber auch kontroverse Diskussion. Dabei ging es auch um die Sinnhaftigkeit begrünter Flachdächer. Große Sorge bereitete den Anwesenden die Parkraumsituation, insbesondere vor dem Hintergrund des gesetzlichen Wegfalls der Stellplatzpflicht für Wohnungen. Die schmalen Straßen seien bereits heute so zugeparkt, dass Rettungsfahrzeuge behindert würden. Teilweise seien auch die Zufahrten so eingeengt, dass man nicht mehr aufs eigene Grundstück fahren könne. Ein Anwohner beschrieb das Szenario eines Hauses mit einer Senioren-WG mit 14 Mitbewohnern und keinem einzigen Stellplatz auf dem Grundstück.

Weitere Hinweise betrafen die Freileitung im Süden des Baugebietes sowie die Entwässerungsverhältnisse. Zusammenfassend bestehen die Bedenken der Anwohner vor allem darin: Auf den Nachbargrundstücken könnte zu viel Wohnraum mit zu vielen Menschen entstehen. Außerdem ist die Sorge groß, es könnten „Wohnblocks“ gebaut und die Gebäude könnten zu hoch werden.

So geht es weiter


Wie geht es nun weiter? Bis zum 19. Mai können die Bürgerinnen und Bürger noch ihre Stellungnahmen entweder per E-Mail, Post oder vor Ort in der Stadtverwaltung zur Niederschrift abgeben. Die Auswertung wird bis in den Herbst dauern, so dass im III. oder IV. Quartal die nächsten Planungsschritte zu erwarten sind. Je nach Abwägungsergebnis könnte dann eine erneute Auslegung oder der Satzungsbeschluss erfolgen.