Ein Herpesvirus als Helfer: Forscher des HZI entwickeln Impfstoff gegen Corona- und Grippeviren

Als Basis nutzt das Forschungsteam das Zytomegalievirus. Der Impfstoff ist allerdings noch nicht marktreif.

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Symbolbild. | Foto: pixabay

Braunschweig. Viren sind nicht nur Krankheitserreger, sondern können auch zum Schutz vor verschiedenen Krankheiten beitragen. In einem Mausmodell haben Forscher des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig gemeinsam mit nationalen und internationalen Partnern, darunter das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), das Deutsche Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung (DPZ), die Technische Universität Braunschweig und die Universität Rijeka in Kroatien, einen neuartigen Impfstoff gegen verschiedene Atemwegsviren auf Basis des Zytomegalievirus (CMV) entwickelt. Eine einzelne Dosis des Impfstoffs, der aus einem Zytomegalievirus besteht, dem ein Gen des Coronavirus oder Influenza A hinzugefügt wurde, schützte Mäuse effizient vor den Atemwegsinfektionen. Die Ergebnisse zu dem Impfstoffkandidaten, der noch nicht marktreif ist, wurden in der Zeitschrift Cellular & Molecular Immunity veröffentlicht, wie aus einer Pressemitteilung des HZI hervorgeht.


Vektorbasierte Impfstoffe erlebten ihren öffentlichen Durchbruch mit der Entwicklung mehrerer SARS-CoV-2-Impfstoffe. Bei dieser Technologie transportieren Helferviren den genetischen Code für ein Antigen in Wirtszellen. Die Wirtszellen produzieren das Antigen und präsentieren es auf ihrer Oberfläche, was eine Immunreaktion auslöst. Während die SARS-CoV-2-Vektorimpfstoffe auf modifizierten Adenoviren beruhen, haben Forscher um Prof. Luka Cicin-Sain, Leiter der HZI-Abteilung "Virale Immunologie“, einen vielversprechenden alternativen Kandidaten für eine vektorbasierte Impfstoffplattform identifiziert: CMV. Es ist ein Mitglied der Familie der Herpesviren, das bei einer Infektion in der Regel nur leichte Symptome hervorrufe und lange Zeit im Körper verbleiben könne. In der aktuellen Studie arbeiteten die Forscher mit murinem CMV (MCMV) in einem Tierinfektionsmodell, da das humane CMV keine Mäuse infizieren kann. "Es ist eine Besonderheit von CMV, dass es eine starke und dauerhafte Aktivierung von T-Zellen verursacht, die helfen, das Virus unter Kontrolle zu halten", sagt Cicin-Sain.


Um MCMV als Vektor zum Schutz vor anderen Atemwegsinfektionen zu nutzen, wurde genetische Sequenzen von Influenza A- oder SARS-CoV-2-Proteinen in das MCMV-Genom integriert. Nach Injektion dieser Trägerviren entwickelten die Mäuse eine Immunantwort, die sie vor einer Infektion mit dem jeweiligen Virus schützte. Das adaptive Immunsystem besteht aus zwei Teilen: Antikörperproduzierende B-Zellen bilden den humoralen Arm, während T-Zellen den zellulären Arm bilden. Für eine effiziente und langlebige Immunantwort sollten beide Arme angesprochen werden. "Während die Immunantwort auf CMV von einer T-Zell-Antwort dominiert wird, zeigen wir in unserer Studie, dass dieser Vektor auch eine Schutzwirkung gegen Influenza und SARS-CoV-2 durch Antikörper hervorrufen kann“, sagt Cicin-Sain. Für SARS-CoV-2 konnten die Forscher auch zeigen, dass die Antikörper gegen verschiedene Varianten des Virus, wie Alpha (B.1.1.7) und Beta (B.1.351), aktiv waren.

Der Ansatz besitzt Potential


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Symbolbild. Foto: pixabay


Eine einzelne Dosis des Impfstoffs habe nicht nur einen langfristigen Schutz geboten, sondern auch die Qualität der Antikörper habe sich im Laufe der Zeit durch einen Prozess, der als Affinitätsreifung bezeichnet wird, verbessert. "Eine dauerhafte Immunität erfordert in der Regel mehrere Impfstoffinjektionen. Mit unserer Plattform beobachten wir sie mit einer einzigen Dosis“, sagt Yeonsu Kim, Doktorandin in der Abteilung "Virale Immunologie“ und Erstautorin der Studie. "Das macht CMV zu einem idealen Vektorkandidaten, um mit einfacher Logistik einen guten Schutz zu erzielen.“

„Insgesamt zeigen wir, dass unsere Impfstoffplattform einen starken Antikörper-vermittelten Schutz gegen zwei verschiedene Atemwegsviren erzeugen kann. Daher glauben wir, dass die Wirkung nicht spezifisch für das Zielvirus ist, sondern dass die CMV-Plattform auch auf andere Viren angewendet werden kann“, sagt Cicin-Sain. "Der Ansatz besitzt das Potential, die notwendigen weiteren präklinischen und klinischen Entwicklungsschritte zu durchlaufen.“ Die Studie wurde unter anderem mit Mitteln der Helmholtz-Gemeinschaft, des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur und des Horizont 2020-Programms der Europäischen Union gefördert.


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