Gifhorn. Am kommenden Montag endet der heilige Monat Ramadan. Traditionell feiern Muslime auf der ganzen Welt dies mit dem großen Fastenbrechen. Familien, Freunde und Gemeinden kommen zusammen, um gemeinsam zu essen und das sogenannte Zuckerfest zu feiern. Unter dem Motto "Fest für die offene Gesellschaft" passiert das auch im Freizeit und Begegnungszentrum Grille. Dabei steht neben Landrat Tobias Heilmann und Bürgermeister Matthias Nerlich auch eine andere Organisation auf der Gästeliste: Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion, kurz DITIB. Die umstrittene Organisation machte in der Vergangenheit mit nationalistischer Propaganda und Erdogantreue auf sich aufmerksam.
Das Zuckerfest bedeutet für Muslime nicht nur das Ende des Fastenmonats Ramadan, es ist auch eins der höchsten Feste im Islam. In den meisten deutschen Bundesländern können sich Muslime an diesem Tag etwa frei nehmen, in mehrheitlich muslimischen Ländern ruht an diesem Tag das reguläre gesellschaftliche Leben. Auch in Gifhorn wollen die Hauptverwaltungsbeamten der Wichtigkeit dieses Feiertags für die deutschen Muslime gerecht werden. So kündigten Landrat Tobias Heilmann und der Gifhorner Bürgermeister Matthias Nerlich in einer Einladung an, das große Fastenbrechen am kommenden Donnerstag im FBZ Grille zu eröffnen. Geplant würde vom FBZ, der Stabsstelle Integration und zu guter Letzt der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB). Einem islamischen Verband, der direkt dem türkischen Innenministerium unterstellt ist. Nerlich und Heilmann sehen darin auf Nachfrage von regionalHeute.de kein Problem. Mit DITIB bestünde seit Jahren ein "gutes Verhältnis, das auf Vertrauen, Offenheit und gegenseitiger Gesprächsbereitschaft" basiere.
Im Visier des Verfassungsschutzes
Dabei hat zumindest der Dachverband von DITIB in der Vergangenenheit mit Kontroversen und Skandalen auf sich aufmerksam gemacht. So spielten in der Vergangenheit Kinder in DITIB Moscheen in Herford, Wien und anderen Städten, verkleidet als türkische Soldaten Schlachten vor und rühmten sich eines Tages den Märtyrertod sterben zu wollen. Kein Wunder also, dass sich der Verband in der Vergangenheit immer wieder Kritik anhören musste, dass er türkische Staatspropaganda in deutsche Moscheen trage. Und tatsächlich wird DITIB von der türkischen Religionsbehörde finanziert, auch die Imame der DITIB-Moscheen werden aus Ankara geschickt und bezahlt. Zugleich ist der Vorsitzende der DITIB auch türkischer Botschaftsrat für religiöse und soziale Angelegenheiten in Deutschland.
DITIB war in den vergangenen Jahren auch immer wieder ins Visier des Bundesamtes für Verfassungsschutz geraten. So war der Verband 2018 zum Verdachtsfall ernannt worden, von einer Überwachung hätten die Schlapphüte laut Deutscher Welle damals aber abgesehen. Immerhin habe man es hier mit türkischen Nationalisten zu tun, nicht aber mit religiösen Fanatikern. Umstritten blieb DITIB in den letzten Jahren immer wieder. Eine Anfrage von regionalHeute.de zu dieser Kritik ließ der Gifhorner Ableger des Vereins derweil unbeantwortet.
Heilmann und Nehrlich sehen kein Problem
Trotz dieser Vorwürfe sehen weder Landrat Tobias Heilmann, noch Bürgermeister Matthias Nerlich kein Problem dabei, die Veranstaltung gemeinsam mit der DITIB über die Bühne gehen zu lassen. Immerhin gebe es gute Beispiel für die interreligiöse Zusammenarbeit, etwa im Kindergarten "Abrahams Kinder", der von der katholischen Gemeinde und der DITIB-Gifhorn gemeinsam betrieben werde. Ohnehin arbeite das FBZ Grille ja auch schon seit 30 Jahren mit der DITIB zusammen. Zudem sei Nerlich demnach "regelmäßig Gast" in der Moschee, bereits in den vergangenen Jahren beim Fastenbrechen.
Das Fest solle dabei helfen "Ängste" vor muslimischen Traditionen abzuabauen und für die offene Gesellschaft werben. Deshalb seien auch alle interessierten Gifhorner eingeladen. Das wollten Heilmann und Nerlich mit ihrer Anwesenheit unterstreichen, das Motto sei auch das "Fest für die offene Gesellschaft". Es gebe Vorträge über den Ramadan, die Frauengruppe der DITIB spreche ebenso und am Ende würde zusammen gegessen. Nur die Frage, wie die beiden Hauptverwaltungsbeamten zur Kritik an der DITIB stünden und inwiefern sie in die Integrationsarbeit eingebunden ist, ließen sie unbeantwortet.
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