Gifhorn. Er ist eines von 1.170 Mitgliedern und doch mehr als nur eine Nummer: Andreas Hintze hat den Verein SV Gifhorn 1912 e.V. jahrzehntelang mitgeprägt - als aktiver Fußballer und aktiver Zuschauer. Seit einem Jahr ist der 64-Jährige schwer krank. Doch mit dem Herzenswunsch-Krankenwagen der Malteser Hannover hat der fußballbegeisterte Gifhorner am gestrigen Sonntagnachmittag noch einmal ein Heimspiel seines Vereins erlebt. Darüber berichtet der Malteser Hilfsdienst in einer Pressemitteilung.
So werden sonst nur Stürmer nach dem Siegtor bejubelt: Große Freude schlug Andreas Hintze entgegen, als er rechtzeitig vor dem Anpfiff gegen den VfR Wilsche-Neubokel von den Maltesern Thomas Mohrbacher und Jennifer Bereziuk aus dem Transportwagen der Malteser geschoben wurde.
Auf den Rollstuhl angewiesen
Nach einer Serie von Schlaganfällen und epileptischen Anfällen ist Hintze seit einem Jahr halbseitig gelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen, doch einer nach dem anderen seiner alten Sportkameraden beugte sich hinunter, um den ehemaligen Mittelfeldspieler für einen kurzen Moment zu umarmen. „Wir sind eine große Familie“ lautet das Motto der SV Gifhorn und das ist wohl ernst gemeint: Auch wenn das Schicksal aus dem aktiven Menschen Hintze einen Frührentner gemacht hat, so ist er doch nicht vergessen.
Der Initiative seiner Sportfreunde und seiner Ehefrau Carmen Reinebeck sei es zu verdanken gewesen, dass der Herzenswunsch-Krankenwagen der Malteser das langjährige Vereinsmitglied in seiner Seniorenresidenz in Lachendorf (Landkreis Celle) abholte und später auch wieder zurückbrachte.
Fußballer mit Leib und Seele
Als „Fußballer mit Leib und Seele“ beschreibt Reinebeck ihren Mann, der schon als Grundschüler in Berlin-Zehlendorf das runde Leder kickte und nach seinem Umzug in Gifhorn auf wichtigen Positionen der SV spielte – zuletzt im Mittelfeld der „Altsenioren“. Doch das ist schon bald 20 Jahre her. Seitdem beschränkte sich der ehemalige Kraftfahrzeuglackierer auf das aktive Zuschauen – ohne dabei den Besserwisser zu spielen. Was er dem derzeitigen Trainer mit auf den Weg geben würde? „Nichts. Lass sie einfach rennen!“
Das taten die elf Spieler der SV Gifhorn am Sonntagnachmittag dann ohne Erfolg: Mit 1:2 mussten sie sich am neunten Spieltag der Bezirksliga knapp einem nahezu gleich starken Gegner geschlagen geben. Andreas Hintze verfolgte die Niederlage seiner Mannschaft am Spielfeldrand äußerlich gelassen. Wichtiger war ohnehin, noch einmal die Zuneigung seiner Vereinskameraden zu spüren. Müde und kaputt, aber zufrieden ließ sich Hintze von den Maltesern wieder zurückfahren.
„Wir schenken Empathie“
Auch für die beiden Ehrenamtlichen war Hintzes Herzenswunschfahrt alles andere als Routine. Jede Fahrt sei anders, sagt Thomas Mohrbacher, der seit 2018 Herzenswunschwagen fährt und dabei nach eigenen Worten selbst viel zurückbekommt. „Wir schenken Empathie“, meint der erfahrene 65-Jährige. Für Jennifer Bereziuk war es dagegen erst die zweite Fahrt. Die 32-jährige Notfallsanitäterin arbeitet auch hauptberuflich bei den Maltesern und sieht ihr Ehrenamt als wertvolle Ergänzung zum hauptamtlichen Rettungsdienst.
Seit 2016 bieten die Malteser in Niedersachsen das Projekt „Herzenswunsch-Krankenwagen“ an, das schwer kranke Patienten noch einmal an einen Ort ihrer Wahl fährt. Allein in der Diözese Hildesheim gibt es Herzenswunsch-Krankenwagen inzwischen an den Standorten Buxtehude, Hannover, Celle, Braunschweig, Wolfsburg, Hildesheim und Göttingen. Mehr als 100 speziell für dieses Projekt ausgebildete ehrenamtliche Helferinnen und Helfer der Malteser stehen dafür bereit. Im Jahre 2024 haben sie 30 Herzenswunschfahrten unternommen, seit Projektstart waren es mehr als 200.
Auf Spenden angewiesen
Da Patienten und deren Begleiter für eine solche Fahrt nichts zahlen, ebenso wenig die Ehrenamtlichen für ihre Ausbildung, sind die Malteser auf Spenden für den „Herzenswunsch-Krankenwagen“ angewiesen.