Goslar. Derzeit leben im Landkreis Goslar rund 3.000 Kinder unter 15 Jahren in einem Hartz IV-Haushalt und gelten als arm. Das ist etwa jedes fünfte Kind in diesem Alter. Mit einem Aktionstag am Dienstag, 22. September will das Goslarer „Netzwerk für soziale Gerechtigkeit“ den Fokus auf diesen sozialen Missstand legen.
Im Jahr 2005 trat in Deutschland das sogenannte „Hartz IV“- Gesetz in Kraft. Danach erhalten Erwerbsfähige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, wenn sie über kein oder kein ausreichendes Einkommen verfügen. Nach 10 Jahren Hartz IV will das „Netzwerk für soziale Gerechtigkeit“ gerade im Hinblick auf die betroffenen Kinder Bilanz ziehen. Ermöglicht das Gesetz eine Chancengerechtigkeit für Kinder? Sind Bildung und Teilhabe heute für alle Kinder gleichermaßen zugänglich? Wie sieht die Lebenswirklichkeit von Hartz IV-Familien aus? Was steht für den Lebensunterhalt der Kinder zur Verfügung? Und schließlich wollen wir der Frage nachgehen, ob der wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland auch die Kinderarmut verringern konnte.
Telleraktion
In der Zeit von 9.30 bis 12 Uhr wollen wir symbolisch 3.000 leere Teller auf dem Goslarer Marktplatz rund um den Brunnen aufstellen. Kindergärten und Schulen beteiligen sich an der Aktion. Weitere Aktive aus der Bevölkerung sind herzlich eingeladen, mit vielen Tellern auf den Marktplatz zu kommen. Musikalisch begleitet wird die Veranstaltung vom Schulchor der Goetheschule, vom Chor der Kita zum Markte und dem Kunstkarussell. Als Redner konnten wir den AWO-Bezirksgeschäftsführer Rifat Fersahoglu-Weber aus Braunschweig gewinnen.
Vortrag „Erschöpfte Familien“
Ab 19 Uhr wird eine weitere Aktion im Kreishaus stattfinden. Nach einem Grußwort von Landrat Thomas Brych, der die Schirmherrschaft für den Aktionstag übernommen hat, referiert Professor Ronald Lutz aus Erfurt zum Thema „Erschöpfte Familien“. In seinem Vortrag beschreibt er die soziale Verwundbarkeit von Familien, die von Sozialleistungen abhängig sind, und identifiziert eine soziale Erschöpfung, die mit wachsender Überforderung der Elternfunktion, Resignation und einem Sich-Einrichten in der aktuellen Armutssituation einhergehen kann. Neben der Ist-Analyse formuliert Lutz gesellschaftspolitische Handlungsansätze, die der sozialen Erschöpfung entgegenwirken, damit Kinder aus armen Familien „selbstsicher, selbstaktiv und selbstverantwortlich ihre Wege“ gehen.
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