Goslar. Der Goslarer DGB ruft das Jobcenter dazu auf, sich mehr für Beschäftigte einzusetzen, die ihr Gehalt durch Sozialleistungen aufstocken müssen.
Im Landkreis Goslar sind derzeit 2.812 Menschen trotz Arbeit auf Hartz IV angewiesen (Quelle:Bundesagentur für Arbeit, Dezember 2016). Da nicht alle Berechtigten einen Antrag stellen, ist die Zahl der Menschen, die trotz Arbeit arm sind, vermutlich noch höher. Eine große Zahl der Aufstockenden arbeitet in geringfügiger Beschäftigung. So haben 1.041 Aufstockende nur einen Minijob. 399 Menschen sind sogar Vollzeitbeschäftigte.
„Es ist untragbar, dass so viele Menschen in unserem Landkreis von ihrer Arbeit nicht leben können“ erklärt Susanne Ohse, DGB-Kreisvorsitzende Goslar. „Ein besonderes Problem sind die Minijobs. Der Minijob ist keine Brücke in reguläre Beschäftigung, sondern ein Armutsrisiko.“
Rentenarmut droht weil Minijobs keine Perspektive bieten
Besonders für Frauen nach der Familienphase, die den Wiedereinstieg in sozialversicherte Arbeit suchten, würden Minijobs zur Sackgasse. Minijobs böten keine Perspektive auf Qualifizierung und Aufstieg im Beruf. Hinzu komme, dass keine oder nur eingeschränkte Ansprüche für die gesetzliche Sozialversicherung erworben werden und dies oft über viele Jahre. Rentenarmut sei so vorprogrammiert.
„Es ist deshalb dringend notwendig, dass das Jobcenter sich mehr für die Beschäftigten im Leistungsbezug engagiert,“ fordert Susanne Ohse: „Wer sich in einer beruflichen Einbahnstraße befindet, braucht mehr Unterstützung statt Druck und Sanktionen.“ Dazu seien mehr Angebote der aktiven Arbeitsmarktpolitik nötig, hier insbesondere Angebote einer beruflichen Qualifizierung. „Wissenschaftliche Studien bestätigen regelmäßig, dass viele Menschen in Minijobs gerne mehr arbeiten würden.“ Für den DGB ist deshalb klar: „Unser Ziel ist, dass mehr Minijobs in sozialversicherte Arbeit umgewandelt werden.“
Frauen geratenbesonders häufig in der Minijob-Sackgasse
Aber auch Land und Kommune stünden in der Verantwortung: „Weit über die Hälfte der geringfügig Beschäftigten bundesweit, die aufstocken müssen, sind Frauen. Viele von ihnen leisten Familien- und Pflegearbeit, so dass sie nur eine begrenzte Anzahl von Stunden arbeiten können. Deshalb müssen wir die Infrastruktur so ausbauen, damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf leichter zu meistern ist.“
Zwar ist bundesweit die Zahl der Aufstockenden in den letzten zwölf Monaten geringfügig um rund 50.000 gesunken, ist aber mit fast 1,2 Millionen Betroffenen immer noch sehr hoch. Zum Jahresbeginn 2015 wurden 100.000 Minijobs in sozialversicherte Beschäftigung umgewandelt. „Das geht auf das Konto des Mindestlohns!“, weiß Susanne Ohse. „Der Mindestlohn wirkt, allen Unkenrufen zum Trotz. Aber auch unser Jobcenter ist in der Pflicht, sich mehr um die Aufstockenden zu kümmern. Arbeit muss vor Armut schützen und da gibt es noch Einiges zu tun.“
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