Goslar. Die international renommierte Schweizer Künstlerin Miriam Cahn wurde in Abwesenheit mit dem Kaiserring der Stadt Goslar ausgezeichnet. Die 75-Jährige lebt mittlerweile sehr zurückgezogen und reist nur noch selten. Stattdessen lässt sie konsequent ihre Kunst für sich sprechen und tritt als Person in den Hintergrund. Dies teilte die Stadt Goslar mit.
Miriam Cahn, die sich durch die Auszeichnung sehr geehrt fühlt, bat ihre langjährige Vertraute, Laura Rametti von der Galerie Meyer Riegger, den Preis stellvertretend entgegenzunehmen. Für die feierliche Zeremonie schuf die Künstlerin eine Armskulptur, an die Oberbürgermeisterin Urte Schwerdtner den Kaiserring symbolisch auf den Ringfinger stecken konnte. Auf diese Weise hat Miriam Cahn den Festakt aus der Ferne aktiv mitgestaltet. Das so entstandene Gesamtkunstwerk überlässt die Künstlerin dem Mönchehaus Museum Goslar als Schenkung. Diese großzügige Geste ermöglicht es, sowohl den Ring als auch das einzigartige Kunstwerk dauerhaft der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und sie als festen Bestandteil der Sammlung der Kaiserringträgerinnen und -träger in Goslar zu bewahren. Miriam Cahn ist die 49. Preisträgerin des Kaiserrings.
Die Stadt Goslar sowie das Mönchehaus Museum Goslar freuen sich sehr über die Geste der Künstlerin. Mit der Entscheidung von Miriam Cahn, ihre Auszeichnung mit einem Kunstwerk zu begleiten und dieses – zusammen mit ihrem Kaiserring – dem Mönchehaus Museum Goslar zu überlassen, erhält die kulturelle Verbindung zwischen der Stadt Goslar und ihren Kaiserringträgerinnen und Kaiserringträgern eine neue Facette.
Bedeutung des Rings
Der Kaiserring zählt seit langem zu den bedeutendsten Kunstpreisen der Gegenwart in Deutschland und hat auch international eine besondere Stellung erlangt“, betonte Oberbürgermeisterin Urte Schwerdtner. „Die Förderung der Kultur ist uns ein großes Anliegen. Seit 1975 ermöglicht die Stadt Goslar die Vergabe des Kaiserrings und bekennt sich auch in Zukunft klar zu diesem Kunstpreis. Wir respektieren selbstverständlich den Wunsch der diesjährigen Preisträgerin, den Fokus nicht auf ihre Person, sondern auf ihre Kunst zu legen, auch wenn wir sie gerne persönlich kennengelernt hätten. Die besondere Qualität des Kaiserrings liegt darin, dass er unabhängig von Trends oder Marktmechanismen richtungsweisende künstlerische Positionen würdigt. Dadurch hat der Preis einen wesentlichen Beitrag zur Kunstgeschichte geleistet, indem er früh neue künstlerische Ausdrucksformen wie Videokunst oder Fotografie gefördert hat“, so Schwerdtner weiter.
Über die Preisträgerin
Miriam Cahn wird der Kaiserring 2024 für die Kraft und Intensität ihres malerischen Werks verliehen, das seit Jahrzehnten auf eindrucksvolle Weise die gewalttätige Realität der heutigen Welt und die Bedingungen menschlicher Existenz thematisiert. „Es hat sich als richtig erwiesen, auch Künstler auszuzeichnen, die andere Vorstellungen vom Ablauf der Verleihung haben als wir“, führte Schwerdtner in ihrer Rede aus. So erhielten beispielsweise 2021 Adrian Piper und Hans Haacke pandemiebedingt ihre Auszeichnungen in Abwesenheit. Adrian Piper wurde der Ring in Berlin persönlich vom damaligen Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk überreicht, während Hans Haacke seinen Kaiserring von Max Hollein, Direktor des Metropolitan Museum of Art in New York, auf dem Dach des Museums erhielt. Das Publikum konnte die Verleihung damals im hybriden Format und per Livestream verfolgen. Die Jury würdigt mit der Vergabe des Kaiserrings Goslar 2024 mit Miriam Cahn eine Künstlerin mit deutschen Wurzeln, die 1949 in Basel geboren wurde: „Ihr Werk besteht aus Malerei, Zeichnung und Fotografie, in Schwarz-Weiß oder in Farbe. Mit großer Eindringlichkeit beschwört sie darin die Ungerechtigkeiten und Dramen, die Menschen erleiden oder erleiden müssen, seien sie politischer oder intimer Natur.
Das Flüchtlingsdrama, die Auswirkungen von Anti-Abtreibungsgesetzen auf Frauen oder Kriege sind ihre jüngsten Themen. Sie erscheinen in Form von geisterhaften und monumentalen Figuren. Die Künstlerin ist der Überzeugung, dass Kunst notwendig ist, weil sie es ermöglicht, sich gegen die Vulgarität und die Gewalt der Welt zu stellen und sich dagegen zu wappnen. Ihr Werk ist hochaktuell und wurde weltweit in zahlreichen Ausstellungen gezeigt, angefangen bei der Biennale von Venedig 1984, wo sie die Schweiz vertrat, bis hin zu ihrer Ausstellung 2019 im Haus der Kunst in München und 2023 im Palais de Tokyo in Paris. Miriam Cahn ist eine der bedeutendsten Künstlerinnen der Gegenwart.“ Das Mönchehaus Museum Goslar präsentiert bis zum 27. Januar 2025 die mit dem Preis verbundene Ausstellung „Miriam Cahn – Kaiserringträgerin der Stadt Goslar 2024“, die von Fabrice Hergott dem Direktor des Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris kuratiert wurde.
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