BLENCA2-Studie: Deutlich erhöhte Blutbleiwerte bei Kindern festgestellt

Kinder im Landkreis Goslar haben deutlich höhere Blutbleiwerte als im Bundesdurchschnitt – das zeigt die jetzt veröffentlichte BLENCA2-Studie

 Landkreis Goslar – von links: Maximilian Strache (LK GS), Lea John (LMU), Landrat Dr. Alexander Saipa, Prof. Dr. Dennis Nowak (LMU), Dr. Martin Hepp (Amtsarzt LK GS), Dr. Walter Schmotz (LK GS) bei der Vorstellung der  Ergebnisse der BLENCA2-Studie.
Landkreis Goslar – von links: Maximilian Strache (LK GS), Lea John (LMU), Landrat Dr. Alexander Saipa, Prof. Dr. Dennis Nowak (LMU), Dr. Martin Hepp (Amtsarzt LK GS), Dr. Walter Schmotz (LK GS) bei der Vorstellung der Ergebnisse der BLENCA2-Studie. | Foto: Landkreis Goslar

Goslar. Im Landkreis Goslar weisen Kinder im Vorschulalter deutlich höhere Blutbleiwerte auf als im Bundesdurchschnitt. Das ist das zentrale Ergebnis der sogenannten BLENCA2-Studie, deren Ergebnisse heute vom Landkreis Goslar im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt wurden.



Untersucht wurden 310 Kinder im Alter von fünf bis sieben Jahren im Zeitraum von September 2023 bis Juni 2024. Die Studie hane sich freiwillig an die Schuleingangsuntersuchungen angeschlossen und wurde vom Klinikum der Ludwig-Maximilian-Universität München (LMU) im Auftrag des Landkreises durchgeführt.

Kinder weisen deutlich höhere Blutbleiwerte auf


Im Zuge der so genannten BLENCA2-Studie wurde die Bleikonzentration im Blut von 310 Kindern im Einschulungsalter untersucht. Die freiwilligen Untersuchungen schlossen sich an die Schuleingangsuntersuchungen an.
Im Zuge der so genannten BLENCA2-Studie wurde die Bleikonzentration im Blut von 310 Kindern im Einschulungsalter untersucht. Die freiwilligen Untersuchungen schlossen sich an die Schuleingangsuntersuchungen an. Foto: Landkreis Goslar


Laut der Studie überschreiten 51 Prozent der teilnehmenden Kinder den geltenden Referenzwert für die Bleikonzentration im Blut. Bundesweit trifft das nur auf rund fünf Prozent der Kinder zu. Als Hauptursache wurde eine harztypische Schwermetallbelastung der Böden identifiziert, insbesondere durch Altlasten aus der Bergbauvergangenheit.


„Die Ergebnisse sind in Teilen überraschend, lassen aber klare Schlussfolgerungen zu“, sagte Landrat Dr. Alexander Saipa. Zwar konnten im Rahmen der Studie keine direkten gesundheitlichen Folgen nachgewiesen werden, jedoch sei die Belastung Anlass für präventive Maßnahmen. Besonders auffällig: Auch Kinder aus Regionen mit vergleichsweise geringer Bodenbelastung lagen häufig über dem Referenzwert.

Professor Dr. Dennis Nowak, Direktor des Instituts und der Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der LMU München, ordnet die Ergebnisse der BLENCA2-Untersuchungen folgendermaßen ein: „Es ist bekannt, dass erhöhte Bleibelastungen insbesondere bei Kindern mit gesundheitlichen Risiken verbunden sind. Aussagen zu individuellen gesundheitlichen Auswirkungen waren im Rahmen der Studie jedoch nicht möglich, da die Fallzahl begrenzt war und die eingesetzten Erhebungsinstrumente nicht auf die Erfassung subtiler gesundheitlicher Veränderungen ausgelegt sind. Da gesundheitliche Effekte häufig erst über längere Zeiträume und auf Gruppenebene sichtbar werden, sollten die weiteren Entwicklungen im Auge behalten werden. Umso wichtiger ist es daher, die Exposition konsequent zu reduzieren und präventive Maßnahmen umzusetzen.“

Zusammenhang mit Spielen im Freien


Die Erhebung zeige, dass Kinder, die sich regelmäßig im Freien auf belasteten Flächen aufhalten, höhere Blutbleiwerte aufweisen. Besonders im Herbst und Winter hätten die Werte tendenziell niedriger gelegen – vermutlich, weil in diesen Monaten weniger draußen gespielt wird. Dennoch betont die Hauptautorin der Studie, Lea John, dass Kinder weiterhin draußen spielen sollten, da die gesundheitlichen Vorteile überwiegen. Maßnahmen wie gründliches Händewaschen nach dem Spielen oder der Verzicht auf Passivrauchen können die Aufnahme von Blei deutlich reduzieren.

Keine Hinweise auf aktuelle industrielle Ursachen


Laut Dr. Walter Schmotz, Leiter der unteren Bodenschutzbehörde, rücken aktuelle industrielle Quellen durch die neuen Erkenntnisse in den Hintergrund. Stattdessen würde sich der Verdacht bestätigen, dass bergbaubedingte Altlasten die Hauptquelle der Bleibelastung sind. Bereits in den vergangenen Jahrzehnten seien öffentliche Spielflächen im Kreisgebiet überprüft und gesichert worden – diese Arbeit soll fortgesetzt werden.

Informationskampagne geplant


Der Landkreis Goslar will die Studienergebnisse nutzen, um gezielt über Risiken und Schutzmaßnahmen aufzuklären. Eine neue Informationskampagne soll Bürgerinnen und Bürger dabei unterstützen, die Bleiexposition weiter zu senken. Gleichzeitig soll die Sensibilisierung für das Thema verstärkt werden. Dr. Saipa betont: „Die Konzentrationen gehen zwar zurück, liegen aber weiterhin zu hoch. Es ist entscheidend, den Kontakt zu belasteten Böden zu minimieren und einfache Hygienemaßnahmen umzusetzen.“

Die BLENCA2-Studie wurde von einem interdisziplinären Team der LMU unter der Leitung von Professorin Dr. Katja Radon durchgeführt. Neben Radon und Hauptautorin Lea John wirkten auch Professor Dr. Dennis Nowak sowie Dr. Laura Wengenroth und Dr. Stefan Rakete an der Studie mit. Unterstützung erhielt das Projekt auch vom Niedersächsischen Landesgesundheitsamt (NLGA).