Goslar. Die Ratsfraktion der Bürgerliste für Goslar und Vienenburg kritisiert den jetzt von Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk vorgelegten Vorschlag für Straßennamen im Neubaugebiet „Liethberg IV“, in dem ausschließlich männliche Politikernamen, wie Walter Scheel, Richard von Weizsäcker und Roman Herzog, berücksichtigt werden sollen. Daher habe die Bürgerliste im Bauausschuss einen Änderungsantrag gestellt. Darüber informiert die Bürgerliste in einer Pressemitteilung.
Bürgerlisten-Fraktionsvorsitzender Henning Wehrmann: "Über 70 Jahre nach Verankerung der Gleichberechtigung von Mann und Frau im Grundgesetz wirkt dieser Vorschlag vollkommen aus der Zeit gefallen und bedient ein antiquiertes, chauvinistisch geprägtes politisches Rollenverständnis." Die Kritik der städtischen Gleichstellungsbeauftragten, Vera Tietz, und der Frauen-Arbeitsgemeinschaft im Landkreis Goslar (FRAG) sei daher mehr als gerechtfertigt.
"Mütter des Grundgesetzes"
Die Bürgerliste habe für die Sitzung des Bauausschusses am vergangenen Donnerstag den Änderungsantrag eingebracht, die neuen Straßen stattdessen nach den „Müttern des Grundgesetzes“, Helene Wessel, Friederike Nadig und Helene Weber, zu benennen. "Wir müssen endlich wegkommen von der überholten These, dass Politik reine Männersache ist", betont Henning Wehrmann. "Gerade die Frauen des Wiederaufbaus nach 1945 verdienen unseren Respekt für ihr Engagement bei der Erarbeitung des Grundgesetzes." In der zuletzt von der Verwaltungsspitze vorgelegten Vorschlagsliste für Straßennamen mit Stand 2015 suche man die Namen Weber und Nadig vergeblich. Elisabeth Selbert als vierte Frau des Parlamentarischen Rates von 1948/49 sei in Goslar bislang als einzige mit einem Straßennamen in Jerstedt geehrt worden und Helene Wessel habe es lediglich auf die Warteliste geschafft.
Überholt: Politik keine Männersache mehr
Angesichts von 120 Männernamen und nur 15 Frauennamen im Goslarer Stadtplan halte es die Bürgerliste für bezeichnend, dass von der Verwaltung auch auf dieser Warteliste erneut ein Männeranteil von 83 Prozent vorgesehen worden sei, was mit der demographischen Realität im Land bei einem Frauenanteil von 51 Prozent nichts zu tun habe. Auch unter OB Dr. Junk habe es in den letzten Jahren keinerlei Verbesserungen beim Missverhältnis der Straßenbenennungen gegeben, was allerdings angesichts der nach wie vor bestehenden Benachteiligungen von Frauen, zum Beispiel bei der Bezahlung gleichwertiger Arbeit, dringend geboten wäre.
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