Astfeld. Der am gestrigen Mittwochnachmittag bei Herzog-Juliushütte aufgefundene Luchs hat die Nacht nicht überlebt. Das etwa zehn Monate alte Tier sei zum Aufpäppeln beim Tierarzt gewesen und am Morgen nicht mehr aufgewacht. Allgemein, so Ole Anders vom Luchsprojekt Harz, sei die Zahl aufgefundener verwaister Jungtiere in den letzten Jahren auffällig angestiegen. Noch gibt es keine Erklärung dafür.
Der Zustand des Tieres aus Astfeld sei aufgrund von Unterernährung allgemein sehr schlecht gewesen. Die starke Unterkühlung des Tieres sei mit der Ausrüstung vor Ort schon gar nicht mehr messbar gewesen. "Die Temperatur lag unterhalb von 32 Grad. Luchse haben normalerweise eine Körpertemperatur, die noch über der des Menschen liegt", gibt Anders zu bedenken. Gekämpft habe man für die Großkatze trotzdem: "Die Blutwerte waren aber nicht so miserabel, dass man ihn hätte einschläfern müssen. Er wurde mit Infusionen behandelt und über Nacht mit einer Wärmelampe bestrahlt. Am Morgen haben wir dann feststellen müssen, dass er aus der Narkose nicht mehr aufgewacht ist." Nun müssen die Bluttests in den nächsten Tagen Auskunft darüber geben, was die genaue Todesursache war.
Luchs-Jungtiere werden normalerweise im Mai oder Anfang Juni geboren. Der Astfelder Luchs könnte also etwa zehn Monate alt gewesen sein. "Wir sind jetzt in der Zeit, wo sich Mutter und Jungtier auch auf natürliche Weise trennen würden. Normalerweise wird der Nachwuchs zehn Monate von der Mutter geführt. Der erhebliche Unterernährungszustand deutet aber darauf hin, dass der Luchs schon längere Zeit alleine war, die Nahrungsressourcen deswegen knapp waren", erklärt der Luchs-Experte weiter.
Einzelfälle häufen sich
Noch bis vor ein paar Jahren hätte Anders bei einem solchen Fund von einem Einzelfall gesprochen. In den vergangenen 20 Jahren habe man im Schnitt ein verwaistes Jungtier im Jahr gefunden - wenn überhaupt. In der laufenden Saison seit Mai vergangenen Jahres habe man es nun schon mit sieben Fällen zu tun gehabt. "Verwaiste Jungtiere tauchen auch mit einer gewissen Regelmäßigkeit in Ortschaften auf. Ortschaften sind für das Tier die einzige Hoffnung, überhaupt noch seinen Hunger stillen zu können. Meistens leeren die dann irgendwelche Katzennäpfe."
Die deutliche Steigerung bei den aufgefundenen Jungtieren müsse man auf jeden Fall im Auge behalten, meint Anders. Einen "Monitoringeffekt", also dass einfach mehr Fälle aufgrund von besserer Vernetzung und besseren technischen Möglichkeiten bekannt würden, könne der Luchsprojekt-Koordinator ausschließen: "Wir rätseln noch, woran es liegt. Es kann in einem Jahr mal eine besondere Situation geben, dass kann alles sein. Aber wenn wir davon ausgehen müssen, dass hinter jedem dieser eingefangenen Jungtiere eine tote Mutter stünde wäre das schon ein erheblicher Verlust."
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