Goslar, deine Straßen - Die Ludwig-Jahn-Straße


Die Ludwig-Jahn-Straße im Siemensviertel. Foto: Alec Pein
Die Ludwig-Jahn-Straße im Siemensviertel. Foto: Alec Pein | Foto: Alec Pein



Goslar. Zu Fuß ist die Ludwig-Jahn-Straße vom Zwingerwall aus zu erreichen: Vorbei an jenen Büschen, durch die früher noch die Kinder des Siemensviertels kletterten, um auf den dahinter liegenden Sportplatz zu gelangen, führt sie bergauf zur Siemensstraße. Heute befindet sich auf dem „Bolzplatz“ der Rewe-Markt und eine Wohnanlage.

Jenes Gelände, auf dem sich vor Supermarkt und Wohnanlage die MTV-Halle mit Tennisanlage im Außenbereich und einem dahinter liegenden Bolzplatz beziehungsweise Sportplatz befanden, spielte zur Zeit der Namensgebung eine zentrale Rolle. „Turnvater“ Friedrich Ludwig Johann Jahn ist Begründer der deutschen Turn- und Sportbewegung und so lag es zur Einweihung der Straße im Jahr 1924 nahe, diese nach ihm zu benennen, denn die MTV-Halle war zu dieser Zeit noch ein Platz für Turner.

Turnvater Jahn


Der deutsche Pädagoge Friedrich Ludwig Jahn (geboren am 11.08.1778) galt als Querkopf: Der Sohn eines Lanzer Dorfpfarrers wurde vorerst Zuhause von seinen Eltern unterrichtet und begann mit 13 Jahren eine wilde Odyssee durch verschiedene Schulen. Immer wieder eckte er mit seiner Art bei Mitschülern und Lehrern an. Ohne Schulabschluss besuchte er später mehrere Universitäten, wurde allerdings wegen "schlechter Führung" und der Tatsache, dass er das für die Immatrikulation nötige Abitur nie bestanden hatte, verwiesen. Ein Prozess gegen ihn endete im Jahr 1800 sogar mit einem Verbot, deutsche Universitäten zu besuchen, was ihn allerdings nicht daran hinderte sich ohne Immatrikulation an Universitäten aufzuhalten.

Später unterrichtete er als Privatlehrer oder fungierte als Kurier im Regierungsauftrag. 1808 formulierte er erstmals seinen entschiedenen Nationalismus, zu dem er während der französischen Besatzung gekommen war. 1810 gründete Jahn mit Freunden in der „Hasenheide bei Berlin“ (heute im Ortsteil Neukölln) den geheimen „Deutschen Bund zu Befreiung und Einigung Deutschlands“. Dort begann er auch mit seinen Schülern zu turnen und eröffnete ein Jahr später in der Hasenheide den ersten Turnplatz in Preußen.

Turnen und


Jahn Studierte bei Johann Christoph Fiedrich GutsMuths „Leibesübungen“ und stattete den Platz nach seinem Vorbild mit Geräten aus. Die Gesamtheit der Leibesübungen, sowohl an Geräten als auch in Form von Spielen, Schwimmen, Fechten und Wandern, nannte Jahn „Turnen“. Das Turnen wurde zur romantischen Volksbewegung, um „die Feinde der Freiheit“ zu besiegen. Neben den Franzosen waren das auch Fürsten aus Deutschland, die weiterhin die Einheit der deutschen Nation verhinderten. Jahn war gegen die Kleinstaaterei und für ein einheitliches Deutschland. Mit seiner Erfindung, der „körperlichen Betätigung für Jedermann“, richtete er seinen Blick auf die Jugend und bereitete sie körperlich auf einen eventuellen Kampf vor. Später Entwickelte er das Turnen zur „patriotischen Erziehung zur Vorbereitung auf den Befreiungskrieg“ weiter.

Mit der Niederlage Napoleons 1813 wurde zwar teilweise eine Grundlage für eine deutsche Einheit geschaffen, der Wiener Kongress entschied 1813 jedoch dagegen. Der enge Bezug vom Turnwesen zu der Bewegung Burschenschaften, an deren Gründung Jahn ebenfalls maßgeblich beteiligt gewesen sein soll, und die politische Motivation beider Bewegungen, wurden vielen nach den Karlsbader Beschlüssen im Jahr 1819 zum Verhängnis. Das Turnen sowie die Burschenschaften wurden verboten und Jahn landete im Zuge der sogenannten Demagogenverfolgung wegen revolutionärer Propaganda für sechs Jahre im Gefängnis. Bis 1840 stand er dann unter politischer Aufsicht, wurde erst durch König Friedrich Wilhelm IV. rehabilitiert und erhielt nachträglich das ihm vorenthaltene Eiserne Kreuz für Tapferkeit in den Freiheitskämpfen. Friedrich Wilhelm IV. hob 1842 den Erlass seines Vaters auf und beendete damit offiziell die Turnsperre. So wurde das Turnen in Preußen wieder zugelassen und sogar zum Schulfach.


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