Goslar. Am Donnerstagabend war der Marmorsaal des Hotels Der Achtermann prall gefüllt, und es herrschte eine spürbar konzentrierte Spannung im Raum. Die Goslarer Rede 2015 mit dem Titel: "Die Demokratie im Spannungsfeld von Sicherheit und Freiheit - Worauf wir in Deutschland achtgeben müssen", wurde vom ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Günther Beckstein vorgetragen und stieß offenbar auf große Nachdenklichkeit.
Zunächst hatten sich die Gäste zu einem kleinen Umtrunk versammelt, bevor Jörg Jäger, Leiter des Politischen Bildungsforums Niedersachsen der Konrad-Adenauer-Stiftung die Gäste im Saal einleitend begrüßte. Auch der Landtagsabgeordnete Frank Oesterhelweg begrüßte die Anwesenden und bekundete eine gewisse Verunsicherung, was die derzeitige politische Situation, genauer die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin Angela Merkel betrifft. Er mahnte an, dass die Grenzen des Machbaren nicht überschritten werden dürften.
"Die Welt ist aus den Fugen geraten"
Konzentriert und aufmerksam - die Zuhörer der Goslarer Rede 2015 im Marmorsaal des Hotels Der Achtermann. Foto: Martina Hesse)e
Nach dem Auftritt der Kanzlerin in der Talkshow Anne Will am vergangenen Mittwoch habe er überlegt, ob er den Vortrag absagen solle, griff der erfahrene Politiker Dr. Günther Beckstein das Thema seines Vorredners auf. Je älter man werde, desto pessimistische sehe man die Dinge. Vielerorts herrsche Krieg, Menschen müssten ihre Heimat verlassen. Auf seinen Reisen hätte er Bilder gesehen, die ihn zutiefst bewegt hätten, aber die Tatsachen machten auch zynisch. Hilfe für Flüchtlingslager seien gut, aber das aktuelle Chaos müsse beendet werden. Die Behörden seien in Europa überfordert - es brauche Zeit, bis der Apparat laufe. Mit vielfach widersinnigen Verfahren, aber auch den überdimensionalen Flüchtlingsströmen führe die Politik momentan in eine humanitäre Katastrophe.
Aber Beckstein äußerte sich nicht ausschließlich zur Flüchtlingsfrage, sondern zu weiteren heiklen Themen, wie beispielsweise organisierter Kriminalität. Sie könne das große Krebsgeschwür einer Demokratie sein. Deutschland müsse darauf achten, alles dafür zu tun, Gewalt zu reduzieren. Das beträfe auch Bereiche, wie Cyber-Gewalt. Eben so wenig dürfe das Thema Datenschutz in den Hintergrund gerückt werden. Eine Überwachung, wie sie in den USA stattfindet, dürfe es nicht geben. Auch seiner Sorge um einen Bedeutungsverlust des Christentums verlieh er Ausdruck. Dabei schloss er immer wieder den Kreis zum Thema des Vortrags und betonte, dass in einem klaren System, das der deutsche Rechtsstaat sei, das Spannungsverhältnis zwischen Sicherheit und Freiheit geregelt sei. Er unterstrich seine Faszination für das System Deutschland, das gut sei, nach Kräften unterstützt und erhalten werden müsse. Was er als sehr positiv empfinde, so schloss Beckstein, sei die gemeinsame Leitkultur, die er heute parteiübergreifend feststellen könne. Nach seiner sehr ausführlichen Betrachtung der politischen Gegenwart in Deutschland, beantwortete er noch viele, teilweise sehr kritische, Nachfragen aus dem Publikum.
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