onlinecity: Ist die Luft raus? Jetzt reden die Händler

von Marc Angerstein


Optimismus zum Start von onlinecity bei Händlern, Sponsoren und der Politik. Was die Händler heute sagen, lesen Sie hier. Archiv-Foto: Jan Borner
Optimismus zum Start von onlinecity bei Händlern, Sponsoren und der Politik. Was die Händler heute sagen, lesen Sie hier. Archiv-Foto: Jan Borner | Foto: Jan Borner



Wolfenbüttel. Am Sonntag wurde die Shopping-Plattform onlinecity ein halbes Jahr alt (regionalHeute.de berichtete). In unserer Themenwoche onlinecity veröffentlichen wir Expertenmeinungen, eine Bewertung der Stadtverwaltung, Kundenmeinungen und einen Ausblick des Betreibers Atalanda. Was aber sagen teilnehmende Händler zu onlinecity?

Bäckermeister Carsten Richter von Richters Altstadtbäckerei ist sehr zufrieden: "Ich habe das von Anfang an als digitales Schaufenster gesehen. Da kann jeder reingucken, welche Angebote es gibt, und muss sich nicht fragen, ob es Sinn macht da hin zu fahren." Richter zeigt sich für die weitere Entwicklung von onlinecity sehr optimistisch. "Es ist nach sechs Monaten auch noch zu früh, um zu sagen, ob dies ein Erfolg ist oder nicht.

Das eine oder andere anders machen


 Petra Trautmann, Fingerhut Stoffe und Nähschinen.
Petra Trautmann, Fingerhut Stoffe und Nähschinen. Foto: Marc Angerstein



"Ich war am Anfang sehr euphorisch, ich habe sogar einen Nähkopf nach Bayern verkauft", sagt Petra Trautmann, Inhaberin des Fingerhut Stoffe & Nähmaschinen. Nach einer Recherche bei onlinecity hat sie Nähmaschinen im Laden verkauft. Die Kauffrau findet aber, man könne onlinecity optisch aufwerten und auch mehr dem Suchverhalten im Internet anpassen. "Das eine oder andere könnte man anders machen." Trautmann findet onlinecity gut.

 Andrea Wachtmann-Metschulat, Sporby Autorennbahn und Modellbau
Andrea Wachtmann-Metschulat, Sporby Autorennbahn und Modellbau Foto: Marc Angerstein



Andrea Wachtmann-Metschulat bertreibt das Fachgeschäft Sporby Autorennbahn und Modellbau. Bis zu ihrem Umzug in die Frankfurter Straße war sie als Geschäft in Leiferde allein auf weiter Flur. "Nun habe ich eine Händler-Gemeinschaft", sagt sie. Wegen onlincity ist messbar bisher noch kein Kunde in ihren Laden gekommen, aber "von weiter weg, habe ich mal einen Anruf bekommen, von einem Kunden der etwas Spezielles suchte. Ich bin ganz guter Hoffnung, dass sich das alles noch entwickelt. Bei onlinecity mitzumachen schadet jedenfalls nicht."

Die Erfolgskontrolle ist schwierig


 Die Händler, Sponsoren und die Politik zeigten sich zum Start von onlinecity sehr optimistisch. Archiv-
Die Händler, Sponsoren und die Politik zeigten sich zum Start von onlinecity sehr optimistisch. Archiv- Foto: Jan Borner



Die Händler fragen auch nicht alle Kunden in ihren Geschäften ständig danach, wie sie auf sie oder die Produkte aufmerksam geworden sind. Viele Antworten der Händler über Erfolg und Misserfolg von onlinecity sind ohnehin eher subjektive Wahrnehmungen. Die Erfolgskontrolle ist schwierig. Marketingexperten wissen, dass die werbliche Reizüberflutung dazu führt, dass im eigenen Laden befragte Kunden selten klar benennen können, woher sie den Impuls für den Besuch des Geschäftes erhalten haben. Die sagen dann meistens irgendwas.

Sabrina Splett von HautSache Beauty und Wellness befragt jeden Kunden, wie er zu ihr kommt. "Onlinecity ist mir dabei noch nicht untergekommen." Sie hält die Plattform trotzdem für eine gute Sache, "weil es für einen neuen Zusammenhalt der Innenstadthändler und Dienstleister gesorgt hat."

 Monika Steinig, Treccino Rösterei und Caffèbar.
Monika Steinig, Treccino Rösterei und Caffèbar. Foto: Marc Angerstein



Monika Steinig von der Treccino Rösterei und Caffèbar hatte von vornherein keine hohen Erwartungen, deshalb ist sie von onlinecity auch nicht enttäuscht. "Ich hatte schon mal Kunden da, die auf die Seite geguckt hatten", erzählt sie. Aber von der anfänglichen Euphorie sei nun nichts mehr zu spüren. Auslieferungen von Kaffeepaketen hatte sie bisher auch noch keine. "Es war ja auch mehr als reine Präsentation geplant." Steinig findet die Warenpflege online auch sehr zeitaufwendig, zumal sie auch immer kontrollieren muss, dass die im Online-Shop eingepflegten Produkte auch immer vorrätig sind. "Kaffee ist auch ein sehr spezielles Produkt", sagt sie.

Dynamik unter den Händlern


 Britta Michel, Entdeckerladen.
Britta Michel, Entdeckerladen. Foto: Marc Angerstein



Der Entdeckerladen gehört Britta Michel. Sie meint, onlinecity hat eine neue Dynamik unter den Händlern ausgelöst. Auch Michel hatte bisher keine Online-Bestellungen und Auslieferungen. "Ich habe nur etwa 60 Produkte ins Shop-System eingestellt, weil ich diese dann auch garantiert vorrätig habe und noch am selben Tag ausliefern lassen könnte", gibt sie ihre Überlegungen preis. Für die Unternehmerin ist wichtig, online präsent zu sein. "Meine Erwartungen an Online-Verkäufe waren aber auch gering, so dass ich trotzdem noch voll hinter onlinecity stehe. Mein Ziel war eigentlich nur die Sichtbarkeit des Entdeckerladens und die Kundenfrequenz zu erhöhen."



Die T-ShirtSchmiede findet sich Dank onlinecity präsenter. Inhaber Bernd Höpner: "Ich habe in Sachen Bekanntheit von der Plattform profitiert", sagt er. "Ich habe das Gefühl, sie sorgt für eine gewisse Aufmerksamkeit." Er hat zwar auch noch nichts über onlinecity verkauft, aber dort haben Kunden seine Wolfenbüttel-Shirts gesehen und dann im Laden gestanden.

Ganz ähnliche Erfahrungen hat Andre Volke von elevenSportsware gemacht.

Wirtschaftlich ein reiner Flop


 Jürgen Kaune, KauneOptik.
Jürgen Kaune, KauneOptik. Foto: Marc Angerstein



"Unter dem Aspekt des Multichannel-Marketing ist onlinecity eine sehr gute Idee", bewertet Jürgen Kaune von KauneOptik. "Wir machen da als Wolfenbütteler Geschäftsleute auch mal wieder was zusammen. Das ist schon ein großer Schritt, das war nicht immer so." Onlinecity ist für ihn der Versuch die Leute in der Stadt zu halten. "Wir wollen den Kunden zeigen, was es in Wolfenbüttel alles gibt. Wirtschaftlich ist dies allerdings ein reiner Flop, dies hatte ich aber auch erwartet." Der Optiker begründet das auch damit, dass seine Produkte in Online-Shops ohnehin nicht gut funktionieren, weil sie zu beratungsintensiv seien. "Ziel war auch nicht unbedingt, dass wir online gute Geschäfte machen, sondern das wir mehr Kundenfrequenz in den Laden ziehen", erläutert er. Aber auch das ist messbar nicht geschehen.

 Doreen Mildner, Blütenzauber
Doreen Mildner, Blütenzauber Foto: Marc Angerstein



Doreen Mildner von Blütenzauber findet es schwierig Blumensträuße und Gestecke online zu verkaufen, obwohl das große Anbieter auch tun. "Ich möchte auch lieber die Kunden im Laden haben. Trauer- oder Hochzeitssträuße gingen im Internet gar nicht. Für die monatlichen Kosten (Anmerkung der Redaktion: 20 Euro) bekomme ich aber auch genug Präsenz."

"Wir als Händler sind selbst unseres Glückes Schmied, dafür zu sorgen, das wir bei den Wolfenbüttelern in Erinnerung bleiben", meint der Fotograf Henning Kramer, der kein stationäres Ladengeschäft in der Kernstadt hat. "In meinem speziellen Falle hat sich wenig getan." Über onlinecity hat er schon mal eine Anfrage bekommen. Er sieht neben der eigenen Website die Verkaufsplattform als Ergänzung seiner Außendarstellung.

 Matthias Fischer, Leder Fischer.
Matthias Fischer, Leder Fischer. Foto: Marc Angerstein



Mathias Fischer bereut sein Engagement bei onlinecity nicht. In seinem Geschäft Leder Fischer gibt es zwar auch keine Online-Bestellungen oder Auslieferungen - und auch die Kundenfrequenz ist nicht gestiegen, "denn das überhaupt etwas getan wird ist ja schon gut."

Reine Werbeplattform


 Inka Kucab-Spichale, Inka S Mode Galerie.
Inka Kucab-Spichale, Inka S Mode Galerie. Foto: Marc Angerstein



"Für mich ist onlinecity eine reine Werbeplattform", sagt Inka Kucab-Spichale von der Inka S Mode Galerie. Mode und Kleidung online zu verkaufen ist für sie keine Option: "Da gibt es eine eine hohe Retouren-Qoute und die Sachen werden durch das ständige Anprobieren und Hin und Her-Geschicke auch nicht besser." Ganz am Anfang von onlinecity kamen aber auch Kunden rein, die sie dort gesehen haben.

 Birgit Henke und Gabi Kick, Kopierladen und Schreibwaren.
Birgit Henke und Gabi Kick, Kopierladen und Schreibwaren. Foto: Marc Angerstein



Etwas abseits, nämlich in der Straße Kleine Breite, befindet sich das Schreibwarenfachgeschäft von Birgit Henke. Für sie kein Grund, bei onlinecity nicht mitzumachen. "Ich bin zufrieden, obwohl ich das nicht in Zahlen messen kann", sagt die Geschäftsfrau, die ohnehin fast nur Stammkunden bedient. "Bisher hatte ich keine Onlinebestellungen, was aber auch an meinem Preissegment liegt. Wenn die Kunden dann noch Versandkosten zahlen sollen, macht das meistens keinen Sinn." Auch sie nutzt die Plattform weitestgehend als Schaufenster, wobei die Suchfunktionen optimiert werden müssten. "Und dann  müsste ich natürlich auch noch ein paar Artikel mehr einstellen", sagt sie süffisant.

Total zufrieden


 Martin Geißler, Bücher Behr.
Martin Geißler, Bücher Behr. Foto: Marc Angerstein



"Unser Umsatz ist nicht gestiegen, dafür aber unsere Präsenz im Netz", bringt es Martin Geißler von Bücher Behr auf den Punkt. Er zeigt sich mit onlinecity "total zufrieden." Genau dieser Ausbau der Präsenz war sein Ziel, zur Ergänzung der eigenen Website. Auch er hat noch keine Online-Auslierung, "aber auch ich würde mich lieber aufs Fahrrad setzen, statt einen Kurier zu bemühen." Onlinecity ist für ihn ein gutes Recherche-Instrument, um zu sehen, was es gibt.

Wir brauchen mehr Zeit


 Harald Borm, Erdbrink & Vehmeyer. Fotos: Marc Angerstein
Harald Borm, Erdbrink & Vehmeyer. Fotos: Marc Angerstein Foto: Marc Angerstein



Harald Borm, der auch zweiter Vorsitzender der Initiative Wirtschaft Wolfenbüttel (IWW) ist, freut sich über diesen Onlinekanal. "Ich habe über onlinecity schon Artikel überregional verkauft", berichtet er. Der Geschäftsführer des Modegeschäftes Erdbrink & Vehmeyer unterstreicht nochmals die Bedeutung des digitalen Schaufensters. "Hier können sich die Kunden darüber informieren, was Wolfenbüttel zu bieten hat." Natürlich gäbe es in unserer Stadt nicht alles, aber die Händler von onlinecity haben mehr zu bieten als hinlänglich bekannt sei. Eigene Shopsysteme können sich auch nicht alle Händler leisten, so sei onlinecity eine gute Alternative. Er selbst stellt dort Basisprodukte ein, die auch kurzfristig (nach-)geliefert werden können. Borm räumt ein, dass der Wolfenbütteler Kunde das Alleinstellungsmerkmal Lieferung noch am selben Tag nicht nutzt. "Wir sind die Wohnstadt von Braunschweig, hier wohnen viele ältere Menschen und die kaufen nicht im Internet. Die gehen los." Und er wirbt für mehr Zeit, um die Bekanntheit Akzeptanz des Portals aufzubauen: "Wir sind kein Zalando, wir sind ein städtischer Online-Handel und wir brauchen Zeit. Aber ich finde gut, dass schon so viele Händler online sind."


Anmerkung der Redaktion:


Unsere Online-Zeitung hat versucht Interviewtermine mit allen teilnehmenden Händlern von onlinecity zu vereinbaren. Das ist nicht gelungen. Einige waren schlicht nicht erreichbar oder haben sich verleugnen lassen. Andere waren im Urlaub oder auf Geschäftsreise. Manche waren zu einem Interview nicht bereit, darunter einige, die schon beim Stichwort onlinecity, abgewunken haben.


Wir haben jetzt ein nicht repräsentatives Stimmungsbild von allen Händlern veröffentlicht, die bereit waren, zu onlinecity etwas zu sagen. Ungekürzt und unkommentiert.



Lesen Sie morgen: onlinecity(5): Bewertung der Stadtverwaltung

Lesen Sie Samstag: onlinecity(6): Was Betreiber Atalanda ändern will

Lesen Sie unser Fazit am Sonntag: onlinecity(7): Ist die Luft raus oder noch drin?