Schriftliche Kritik an der städtischen Politik


Zu einem "gemütlichen Flashmob-Spaziergang" hatten sich Dienstagabend rund 60 Goslarer Bürger versammelt. regionalGoslar.de veröffentlicht nun wortgetreu das Schreiben der Gruppe an Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk. Foto: Martina Hesse
Zu einem "gemütlichen Flashmob-Spaziergang" hatten sich Dienstagabend rund 60 Goslarer Bürger versammelt. regionalGoslar.de veröffentlicht nun wortgetreu das Schreiben der Gruppe an Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk. Foto: Martina Hesse | Foto: Martina Hesse)



Goslar. Mit ihrer Aktion am Dienstagabend (regionalGoslar.de berichtete) hat die Facebook-Gruppe "Goslar wehrt sich" für Aufregung gesorgt. Der Redaktion von regionalGoslar.de wurde im Laufe des Mittwochs das Schriftstück zugespielt, das eine Frau aus der Gruppe Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk übergeben konnte. Im Folgenden wird es wortgetreu wiedergegeben. Die Inhalte sollten ursprünglich vorgetragen werden, wozu es am Dienstag nicht kommen sollte.

"Dies hier und heute ist der Auftakt zu einer Reihe von Aktionen und Kundgebungen, die wir in Goslar und dem gesamten Landkreis planen. Wir stehen hier heute vor Ihnen, Herr Dr. Junk, um unserer Forderung, in Goslar nur die Menge an Flüchtlingen aufzunehmen, die laut Königsteiner Schlüssel zugewiesen werden, öffentlich Nachdruck zu verleihen. Die Stadt Goslar hat mit dem Land Niedersachsen einen Zukunftsvertrag abgeschlossen. Daraus resultierend müssen die Goslarer Bürger bereits mehr als genug Einschränkungen hinnehmen, damit der Haushalt keine neue Schulden schreibt. Dazu gehört unter anderem Schließung von Schulen, die Abtretung der Schulträgerschaft an den Landkreis, Erhöhungen der Grundsteuer, Abstriche im Bereich Grünpflege, Rückbau von Spielplätzen, Einsparungen in der Jugendarbeit, bei den Ehrenamtlichen, in Vereinen. Also größtenteils Dinge, die vor allem zu Lasten der Familien gehen.

Im Gegensatz zu Ihnen sehen wir die von Ihnen dargelegten positiven Effekte einer über das Maß hinausgehenden Aufnahme an Asylanten nicht. Es reicht eben nicht, eine Zahl von 15.000 frei werdenden Arbeitsplätzen in den kommenden 10 Jahren zu avisieren, im Fernsehen in Jürgenohl auf beliebige Wohnblocks zu deuten mit dem Hinweis, man hätte massenhaft Leerstand und gar - wie bei Stern-TV geschehen, Goslar als heruntergekommene Geisterstadt zu präsentieren. Eine Stadt, deren Haupteinnahmequelle der Tourismus ist! Sie, werter Herr Dr. Junk, haben vor einem Jahr mit ihrer medialen Rundreise durch Presse, Funk und Fernsehen begonnen und eine Botschaft in die Welt hinaus geschickt. Und diese Botschaft wurde gehört und hat bei vielen Menschen auch falsche Hoffnungen geweckt, da es versäumt wurde, Wirtschaftsflüchtlinge aus den sogenannten sicheren Herkunftsländern von vornherein explizit auszuschließen.

Selbst auf Ihrer Facebook-Seite hat man die Anfragen der zum Teil völlig verzweifelten Menschen lesen können, die beklagten, dass sie keine Antwort auf ihre Anfragen an Sie bekommen. So geht man einfach nicht mit Menschen um! Insbesondere, nachdem auch unsere Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel die deutsche Willkommenskultur neu definierte, hat sich nun ein Flüchtlingsstrom ungeahnten Ausmaßes auf den Weg gemacht und sprengt mittlerweile alles bisher Dagewesene. Überfüllte Lager, hochkochende Gewalt unter den Flüchtlingen, Frust in der Bevölkerung. Dazu sind Bundes- und Landespolizei und all die Ehrenamtlichen, ohne die das ganze Flüchtlingsprojekt gar nicht machbar wäre, mittlerweile an der Grenze der Belastbarkeit angekommen. Auch das wird allzu gern mal vergessen bei all dem „Wir schaffen das!“ - Gerede.

Wir, Ihre Bürger, haben genug davon. Und das, obwohl der West-Harz, der Landkreis und insbesondere die Stadt Goslar bislang noch nicht einmal annähernd das Kontingent zugewiesen bekommen hat, was andere Gemeinden bereits seit Monaten bewältigen müssen. Wir möchten auch nicht erst abwarten, bis die Situation auch hier außer Kontrolle gerät und Menschen zu Schaden kommen. Sie, Herr Dr. Junk, verlassen sich blind darauf, dass die Menschen, von denen Sie sich einen positiven demographischen Wandel erhoffen, hier ganz problemlos integriert werden können. Woher nehmen Sie Ihre Erfahrungswerte? Ebenso selbstverständlich fordern Sie von uns, Ihren Bürgern, eine bedingungslos positive Aufnahme.

Es gibt zu viele Menschen in dieser Stadt und im Landkreis, denen heute, jetzt und hier jegliche Perspektive fehlt. Wollen Sie denen wirklich erzählen, dass sie besser dran sind, wenn zig-tausende Flüchtlinge in den Landkreis ziehen, weil Sie meinen, nur so den demographischen Untergang Goslars aufhalten zu können? Diese Rechnung wird nicht aufgehen, denn bereits heute begeht unsere Jugend Landflucht, um in den Ballungsräumen ihren Traumberuf erlernen zu können. Und all das, ohne dass Sie selbst auch nur ein einziges Mal wirklich eingebracht haben. Zutiefst beleidigt, weil weder Land noch Landkreis Sie ins Boot geholt haben, blieb Ihnen nichts besseres, als bei Twitter und Co. gegen die Entscheider zu wettern und deren Bemühungen klein zu machen. Sie, Herr Dr. Junk, möchten glänzen. Durch den Harzkreis, einen prachtvollen Rathausumbau und Visionen wie eben jene in der Flüchtlingsdebatte. Damit versuchen Sie, sich zu empfehlen. Das sei Ihnen auch durchaus zugestanden. Aber wir Bürger sind nicht mehr bereit, Ihren beruflichen Weg hinauf an die Spitze von Politik oder Wirtschaft auf unsere Kosten mit Verständnis zu pflastern.

Ziehen Sie sich aus der medialen Öffentlichkeit zurück, nehmen Sie ihren Sitz im Rathaus ein und üben Sie ihren Job als Oberbürgermeister aus. Kümmern Sie sich als von den Bürgern gewählter OB zum Beispiel um die Schaffung wirklicher Anreize, neue Arbeitsplätze, bezahlbaren Wohnraum, ein ausgewogenes Angebot an kulturellen Veranstaltungen und vor allem den Erhalt der Altstadt als UNESCO-Weltkulturerbe. Hören Sie „Ihren“ Bürgern richtig zu und nehmen Sie doch all die Ängste endlich mal wahr. Da haben Sie mehr als genug zu tun! Die Gruppe Goslar wehrt sich!!!“


mehr News aus Goslar