Streit um neue Drogenberatungsstelle: Stadt erklärt Kritik für nichtig

Der Rat entscheidet am 19. Mai über den Bebauungsplan, der den Weg für die neuen Drogenberatungsstelle an der Hildesheimer Straße ebnen soll. Die vielfache Kritik im Vorfeld bleibt in der Beschlussfassung unberücksichtigt.

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So würde die Situation auf dem Parkplatz Hildesheimer Straße nach Vorab-Entwürfen mit dem DROBS-Neubau aussehen. 60 Parkplätze würden hierfür verschwinden.
So würde die Situation auf dem Parkplatz Hildesheimer Straße nach Vorab-Entwürfen mit dem DROBS-Neubau aussehen. 60 Parkplätze würden hierfür verschwinden. | Foto: Stadt Goslar

Goslar. Auf dem kostenfreien Parkplatz an der Hildesheimer Straße, der die dortige ARAL-Tankstelle umschließt soll nach dem Willen der Stadt Goslar eine neue Jugend- und Drogenberatungsstelle mit medizinischer Ambulanz (DROBS) entstehen. Trotz weitreichender Kritik verschiedener Initiativen und Anwohner hält die Stadt Goslar unverändert an dem Vorhaben fest. Die Unterschriftensammlung mit fast 1.000 Unterschriften und alle weiteren Einwände basieren nach Ansicht der Stadt Goslar auf "Hypothesen", die man "nicht teile". Dieser Auffassung soll der Rat der Stadt Goslar am 19. Mai zustimmen.


Das geplante Beratungs- und Behandlungsangebot soll Menschen mit Drogenproblemen helfen, Substitutionsangebote wahrzunehmen, sich beraten zu lassen und an tagesstrukturierenden Angeboten teilzunehmen. Anwohner und Gewerbetreibende in der Umgebung sind über die Pläne besorgt - Steht doch hinter dem Plan der Verlegung auch die als problematisch beschriebene Situation in der touristisch wertvollen Breiten Straße und dem Ullrichschen Garten. Bereits hier begannen die Konflikte - Eine im Rahmen der Bürgerbeteiligung eingegangene Stellungnahme eines unbekannten Urhebers (Name zur Veröffentlichung von der Stadt Goslar geschwärzt) wirft der Stadt vor, das Problem zu verlagern:

"In der Begründung des Bebauungsplans wird die Erfordernis der Verlegung der Drogenberatungsstelle und der Facharztpraxis nicht ausreichend begründet, denn die "Aufenthaltssituation" in der Breiten Straße wird lediglich durch die neue "Aufenthaltssituation" an der Hildesheimer Straße ersetzt. An der Breiten Straße gibt es Anwohner, wie auch am neuen Standort an der Hildesheimer Straße."


Nur eine Verlagerung des Problems?


Derartige Sorgen wurden nicht nur von Anliegern wie der direkt betroffenen ARAL-Tankstelle, Kaufland und Edeka Plöger vorgetragen. "Beschaffungskriminalität, erhöhte Verunreinigung des Umfeldes mit teils sehr gefährlichen Substanzen, Kundenabwanderungen und damit Umsatzrückgänge, Ängste von Mitarbeitern, Belastung durch Aufenthalt des Personenkreises im direkten Umfeld, Abwertung des Viertels zeigen allesamt keine Lösung des aktuellen Problems", argumentiert ein weiterer Eingang im Rahmen der Bürgerbeteiligung.

Die Stadt setzt dem einerseits entgegen, dass man in Braunschweig oder Wolfenbüttel, wo ähnliche, zentralisierte Einrichtungen bereits vorhanden seien, andere Erfahrungen gemacht hätte, andererseits seien "die angeführten Punkte dem, mit dem zukünftigen Betrieb der angestrebten Einrichtung verbundenen, eingeschränkten Personenkreis zuzuschreiben hochgradig hypothetisch. (...) Eine solche Argumentation ist geeignet Ängste zu erzeugen und dadurch Unterschriftenlisten zu füllen. Sie bildet jedoch keine Grundlage für eine sachliche Abwägung in einem Bebauungsplanverfahren." Letztlich wird argumentativ seitens der Stadt Goslar nicht darauf eingegangen, dass es Probleme mit Anwohnerschaft und Tourismus in der Breiten Straße gab. Nach Überzeugung der Stadt Goslar seien ähnliche Probleme am neuen Standort "rein hypothetisch".

Grüne und Bürgerliste sehen Mangel


Nichtsdestotrotz stellten die Ratsfraktionen der Grünen und der Bürgerliste für die anstehende Ratssitzung einen Änderungsantrag. Laut diesem soll im Rahmen des Grundstücksverkaufes vertraglich verankert werden, dass es den Nutzern der Einrichtungen untersagt ist, sich in den benachbarten Grünanlagen zu versammeln und dauerhaft aufzuhalten. Bürgerlisten-Fraktionsvorsitzender Henning Wehrmann argumentiert:

"Die am Wochenende übersandten Mitteilungen befassen sich an keiner Stelle mit den im Bauausschuss mehrfach thematisierten Aufenthalts- und Versammlungsverboten für Gruppen von Nutzerinnen und Nutzer der DROBS und der Substitutionspraxis. Gleichwohl ist dies für eine Konfliktminimierung mit der Nachbarschaft unabdingbar und wurde von Herrn Fischer (DROBS) in den Fachausschussberatungen ausdrücklich angeboten. Ein entsprechender Passus in den Verträgen dürfte Ordnungsabteilung und Polizei auch bessere Möglichkeiten an die Hand geben, um unhaltbare Zustände, wie derzeit im Ulrischen Garten, zu unterbinden, bevor sich derartige Strukturen verfestigen."


60 Parkplätze fallen weg


Mit der Zustimmung des Rates der Stadt Goslar wären die planungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Neubau der Drogenberatungsstelle hinter der ARAL-Tankstelle gegeben. Dies impliziert auch den Wegfall von 60 Parkplätzen, dessen Wichtigkeit die Stadt Goslar für "Einpendler mit Zielen in der nördlichen Altstadt sowie für Bahnpendler" am 19. Dezember 2019 selbst betont hat. Weiter erklärte die Stadt: "Aufgrund des späteren Arbeitsbeginns von Beschäftigten des Einzelhandels und Dienstleistungsgewerbes davon auszugeben ist, dass diese von dem Entfall der Stellplätze Vorrang betroffen sind." Dieser Kritikpunkt wird in der vorliegenden Beschlussvorlage sozusagen auf "später" verschoben: "Hier gilt es durch Verbesserung des innerstädtischen Parkraumangebotes vorhandene Kapazitäten zu optimieren."

Auf dem öffentlichen Parkplatz an der Hildesheimer Straße werden 60 Parkplätze entfallen. Alternativen gibt es nicht.
Auf dem öffentlichen Parkplatz an der Hildesheimer Straße werden 60 Parkplätze entfallen. Alternativen gibt es nicht. Foto: Marvin König



Drogen-Hotspot in der Unterführung am Bahnhof?


Ein weiterer Kritikpunkt, der im Rahmen der Bürgerbeteiligung eingegangen sei, ist die Zugangsmöglichkeit zur Hildesheimer Straße durch die Unterführung am Bahnhof. Die Stadt Goslar wolle hier die Sicherheit gewährleisten, indem "polizeiliche, ordnungsrechtliche und sozialarbeiterische Interventionen" eingesetzt werden, "um eine Etablierung einer Szenebildung in der Unterführung zu verhindern". Es könne weiterhin nicht unterstellt werden, dass von den Nutzern der geplanten Einrichtung das erhöhte Risiko eines "Fehlverhaltens" ausgehe. Die Polizeiinspektion Goslar bewerte dies ähnlich: "Durch die Verlegung des Ortes ist eine Zunahme von Straftaten nicht zu erwarten." Um dies zu Gewährleisten solle auch die Präsenz erhöht werden.

Alternativstandort Füllekuhle


Ein Teil des Parkplatzes Füllekuhle wurde ebenfalls als alternativer Standort für die neue DROBS gehandelt. Hierfür müsste jedoch der Wohnmobilstellplatz an der Füllekuhle verlegt werden - Auf den Parkplatz Hildesheimer Straße, beispielsweise. Dieser Vorschlag wird von der Stadt komplett abgeschmettert: "Das Anlegen eines Wohnmobilparkplatzes ist nicht Gegenstand dieses Bebauungsplanverfahrens", so die Stadt. Des Weiteren sei der Parkplatz Füllekuhle bereits etabliert. "Dem gegenüber weist der Standort an der Hildesheimer Straße aufgrund des erheblichen Verkehrsaufkommens, des Eisenbahnbetriebes sowie der direkten Nachbarschaft von Lagerplatz und Tankstelle Beeinträchtigungen auf, die das mögliche Nutzungsspektrum deutlich einengen", argumentiert die Stadt weiter. Er sei daher für Wohnmobile ungeeignet.

Keine Verbesserung in Sicht


Insbesondere die Parkplatzproblematik dürfte noch für Zündstoff sorgen. Der Wegfall von 60 Parkplätzen werde von der Stadt Goslar zwar für "Städtebaulich vertretbar" gehalten, jedoch wird schon seit langem ein hoher Parkdruck - Besonders während der Durchführung von Veranstaltungen - In Goslar moniert. Dies gipfelte im November 2019 in der Vorstellung eines Parkplatzkonzeptes, welches im Auftrag der Stadt durch das Planungsbüro CIMA erstellt wurde. Dieses Konzept vermittelte den hohen Parkdruck noch einmal in belegbaren Zahlen - Auch unter Berücksichtigung der zukünftig (zumindest temporär) wegfallenden Parkplätze an der Kaiserpfalz und der Hildesheimer Straße, wodurch sich die Situation - vor allem für Anwohner - noch einmal erheblich verschärfen dürfte.

Wie die Stadt Goslar hierzu bereits feststellte, müssten vorhandene Kapazitäten optimiert werden - Wann das passieren soll, bleibt jedoch offen.

Dieser Artikel behandelt nur einen Teil der bei der Stadt Goslar eingegangenen Zuschriften. Die detaillierten Stellungnahmen lassen sich im Ratsinformationssystem der Stadt Goslar einsehen.


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