Clausthal. 2013 hatte Familie Wehrmann einen schweren Schicksalsschlag zu verkraften. Ihre 23-jährige Tochter Alexandra wurde auf der Insel Juist ermordet, kräftezehrende Prozesse und Trauerverarbeitung stellten Ernst-August und Barbara Wehrmann vor die größte Prüfung ihres Lebens.
Seit drei Jahren betreut der Weisse Ring nun das Ehepaar und wurde Zeuge, mit welchen Widrigkeiten Opfer von Kriminalität zu kämpfen haben. Dieses Themas nahm sich am gestrigen Dienstag ein Fernsehteam des NDR an. Günter Koschig, Außenstellenleiter des Weissen Ringes seit 33 Jahren in Goslar, begrüßt die Möglichkeit für das Ehepaar, sich einer breiten Öffentlichkeit mitzuteilen: "Ich halte das Interview für wichtig, weil so auf entsprechende Defizite aufmerksam gemacht werden kann. Außerdem ist es für Familie Wehrmann ein wichtiger Schritt der Trauerverarbeitung."
Täter erhalten automatisch Verteidiger, Opfer müssen Antrag stellen
Welche Defizite Koschig meint, erläutert der Opferanwalt des Weissen Ringes, Nebenklageanwalt Uwe Hoffmann aus Seesen, der zwar den neuen gesetzlichen Anspruch auf psycho-soziale Prozessbegleitung begrüße, aber bedauere, dass die Täter ihren Pflichtverteidiger automatisch gestellt bekämen, die Opfer aber erst Anträge stellen müssten. Dies gelte insbesondere für das Opferentschädigungsgesetz, das für die Opfer segensreich sein könne, wenn man einen Antrag stelle oder gegen einen ablehnenden Bescheid des Versorgungsamts erfolgreich geklagt habe. "Das Gesetz ist leider bei einem Großteil der Juristen, Polizisten und Opfern nicht bekannt, so dass viele Kriminalitätsopfer leer ausgehen," beklagt Günter Koschig ergänzend zum TV-Interview.
Das Interview, das über fünf Stunden in der Kanzlei Hoffmann in Seesen geführt wurde, soll anderen Opfern Mut machen und ihnen aufzeigen, dass sie in schwierigen Zeiten nicht allein gelassen werden. Ausgestrahlt wird es im Rahmen von "Hallo Niedersachsen", der Landesvorsitzende Rainer Bruckert wird live im Studio sein, am Sonntag um 19.30 Uhr im NDR.
Opferanwalt Uwe Hoffmann im NDR-Interview mit Christina von Saß. Foto: Günter Koschig
mehr News aus Goslar