Goslar. Hass schafft Opfer. Er beleidigt Menschen, bedroht sie, verletzt sie. Im schlimmsten Fall tötet Hass Menschen, das haben die Mordanschläge in Halle, Hanau und auf den Politiker Walter Lübcke gezeigt. Erst auf den zweiten Blick sichtbar ist die schleichende Gefahr für die Gesellschaft, die vom Hass ausgeht. Denn der Hass greift die Säulen unserer Demokratie an: Er drängt Politiker aus den Parlamenten, er verleidet Bürgern das Ehrenamt, er sprengt Diskussionen im Internet. Schon jetzt belegen Studien, dass die zunehmenden Beleidigungen und Bedrohungen im Netz die Meinungsfreiheit beschädigen. Wer sich gegen Hass und Hetze stellt, betreibt deshalb aktiven Opferschutz. Er beschützt Menschen – und er beschützt die Demokratie. Darauf will der WEISSE RING, Deutschlands größte Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer, mit dem 30. „Tag der Kriminalitätsopfer“ am heutigen 22. März aufmerksam machen. Dies teilt der Weisse Ring in einer Pressemitteilung mit.
„Wir müssen die zunehmende Verrohung der Gesellschaft stoppen“, sagt Günter Koschig,
Außenstellenleiter in Goslar, „und beginnen müssen wir damit hier vor Ort.“ Hass und Hetze würden die Grundlagen unseres Zusammenlebens angreifen, so Koschig weiter. „Das geschieht vor allem im Internet, immer öfter aber auch im Alltag auf der Straße. Dem müssen wir uns gemeinsam entgegenstellen.“
Hass in Sozialen Netzwerken
Der Hass im Internet richte sich oft gegen Minderheiten, zum Beispiel gegen Menschen mit Migrationshintergrund, Homosexuelle oder Behinderte. Aber auch Frauen seien Hass und digitaler Gewalt ausgesetzt, einfach, weil sie Frauen sind: Bei einer Umfrage des Kinderhilfswerk Plan International hätten 70 Prozent der in Deutschland befragten Mädchen und jungen Frauen angegeben, bereits im Internet beschimpft, belästigt oder bedroht worden zu sein. Das habe Folgen für die Meinungsfreiheit: Einer Studie des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft zufolge würden sich 54 Prozent der Befragten wegen Hassrede im Internet seltener zu ihrer politischen Meinung bekennen. 15 Prozent der Befragten hätten wegen der Hasskommentare ihr Profil bei einem Online-Dienst deaktiviert oder gelöscht. Bei den unter 24-Jährigen gelte das sogar für jeden Vierten. Dieser Rückzug verändere die abgebildete Meinung im öffentlichen Raum.
Die Kriminalitätsstatistik des Bundeskriminalamtes verzeichne für 2019 insgesamt 8.585 Fälle von politisch motivierter Hasskriminalität. Das seien aber nur die angezeigten Taten. Die meisten Fälle von Hass und Hetze vor allem im Internet würden erst gar nicht erfasst: Die Betroffenen zeigen sie nicht an, weil ihnen die Rechtslage unklar erscheine – und weil nur die wenigsten angezeigten Taten verfolgt und bestraft werden. „Wir wollen allen Betroffenen Mut machen, sich Unterstützung zu holen“, sagt Koschig, Außenstellenleiter in Goslar. „Der WEISSE RING ist auch in Pandemie-Zeiten für sie da. Niemand muss allein bleiben, wenn er Hass und Hetze erfahren hat.“