Goslar. Landrat Thomas Brych äußerte sich am heutigen Donnerstag zum zweiten Mal zu den großen Differenzen zwischen den Zahlen des Robert-Koch-Instituts, des Landes Niedersachsen und den Zahlen des Landkreises selbst. Liegt heute der vom Gesundheitsamt ermittelte Wert bei 104,4, zeigt das RKI nur eine Inzidenz von 90 an. Viel gravierender ist jedoch der Unterschied bei der Zahl der Toten. Während der Landkreis hier 132 Fälle ausweist, stehen beim RKI nur 107. Ein bürokratisches Problem, wie regionalHeute.de auf Anfrage vom Landkreis erfährt.
Der Landkreis Goslar gebe Meldungen zu Toten heraus, sobald ihnen davon berichtet wird. Landkreissprecher Maximilian Strache erklärt: "Wir können die Verstorbenen erst in das Programm SurvNet - Die Software des RKI, mit der die Daten an das Niedersächsische Landesgesundheitsamt übermittelt werden - eingeben, wenn die Todesbescheinigungen vorliegt." Das Programm würde Angaben aus dem Dokument verlangen. "Das kann sich aus unterschiedlichen Gründen verzögern", so Strache weiter. Erst mit Eingang des Totenscheins können die Daten also ans NLGA und von dort aus ans RKI weitergemeldet werden - wobei weitere Verzögerungen entstehen können.
"Unsere Inzidenz ist die Richtige"
So weit, so einfach. Bei der Ermittlung der Inzidenzwerte beißt jedoch auch Landrat Thomas Brych auf Granit. Er könne den Unmut in der Bevölkerung um die verwirrenden Zahlen gut nachvollziehen. Denn auch er sei die ewige Debatte über den divergierenden Inzidenzwert einer Pressemitteilung zufolge inzwischen leid. „Noch immer haben wir leider keine erschöpfende Auskunft erhalten, warum entweder das Niedersächsische Landesgesundheitsamt oder eben das RKI anderslautende Inzidenzwerte veröffentlichen als wir. Die von unserem Gesundheitsamt berechnete Inzidenz ist die richtige. Und eigentlich dürften auch das Land und das RKI keine grundlegend anderen Werte ermitteln, da sie die Zahlen zum Infektionsgeschehen von uns erhalten. Ein möglicher zeitlicher Verzug bei der Meldung dürfte kleinere Ungenauigkeiten erklären, darf aber nicht als Erklärung für Differenzen im Zehnerbereich herangezogen werden“, so Landrat Thomas Brych.
Der Chef der Goslarer Kreisverwaltung räumt ein, dass die Entscheidung, fortan beide Inzidenzwerte, also den eigens vom Landkreis berechneten und den des RKI, auf dem Corona-Dashboard seiner Behörde zu veröffentlichen, nicht ausschließlich zu mehr Übersichtlichkeit führt. Brych sei es aber wichtig, dass neben dem Wert des RKI, der je nach Höhe rechtliche Wirkung entfaltet, auch die Inzidenz seines Gesundheitsamtes auftaucht, da diese das Infektionsgeschehen vor Ort tagesgenau wiedergibt.
Verschiedene Ursachen denkbar
Das RKI selbst erklärt auf seiner Internetseite, dass es immer wieder zu Abweichungen kommen kann. Die Bundesbehörde schreibt dazu: „Die Behörden im Land- oder Stadtkreis verfügen immer über die aktuellsten Zahlen. Diese sind mit ausschlaggebend für die Bewertung der Situation vor Ort. Diskrepanzen zwischen den berichteten Inzidenzen der Landkreise und den Daten des Dashboards können verschiedene Ursachen haben. Beispielsweise können sie durch den Übermittlungsverzug bedingt sein, zum Beispiel wenn das Gesundheitsamt bereits Fälle an die zuständige Landesbehörde übermittelt hat, diese aber noch nicht vom Land an das RKI übermittelt worden sind. In anderen Fällen kann das auch an einem anderen Datenstand liegen. Das RKI verwendet den Datenstand jeweils 0 Uhr, möglicherweise nutzen die Landebehörden/Gesundheitsämter einen anderen zeitlichen Rahmen.“
"Diese Vorgehensweise haben wir uns nicht ausgedacht"
Vor diesem Hintergrund, dieses Fazit zieht Landrat Brych, wird es vermutlich nicht gelingen, den Inzidenzwert zu vereinheitlichen. Entscheidend ist jedoch, dass nach neuester Gesetzgebung nur der vom RKI gemeldete Wert rechtliche Folgen auslöst. Die sogenannte Bundesnotbremse ist an die Daten des RKI gekoppelt. „Für das Auslösen der Notbremse“, so Landrat Brych, „ist es daher vollkommen egal, ob wir eine Inzidenz von 100 berechnen. Erst, wenn das RKI an drei aufeinanderfolgenden Tagen eine Inzidenz von über 100 ausweist, müssen wir die Corona-Regeln entsprechend dem Infektionsschutzgesetz verschärfen. Diese Vorgehensweise haben wir uns im Übrigen nicht ausgedacht, müssen aber genau wie alle Bürgerinnen und Bürger mit dieser unbefriedigenden Situation umgehen.“
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