Berlin. Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck fordert einen Staatszuschuss für Auszubildende, die sich keinen Führerschein leisten können. Zudem sollte die Werbekostenpauschale angehoben und die Strompreise staatlich gesenkt werden, sagte er der "Bild am Sonntag".
Gerade auf dem Lande seien die hohen Kosten für Führerscheine von etwa 4.000 Euro ein Problem für Auszubildende, so der Wirtschaftsminister: "Deswegen schlage ich vor, dass wir den Führerschein staatlich bezuschussen, mit sagen wir 1.000 Euro, wenn das ausbildende Unternehmen noch mal 500 Euro drauflegt." Es dürfe nicht sein, "dass die Ausbildung daran scheitert, dass der Führerschein nicht gemacht wird".
Außerdem schlug der amtierende Wirtschaftsminister vor, die Steuerpauschale für Werbungskosten deutlich anzuheben. "Man könnte die sogenannten Werbekosten, die wir alle absetzen können, anheben auf 1500 Euro zum Beispiel." Damit, so Harbeck, müsste "die Hälfte der Leute, die in Deutschland Steuern zahlen, gar keine Belege mehr einreichen". Habeck weiter: "Es würde alles sehr viel einfacher werden."
Zudem sollten die immensen Kosten für den Aufbau einer neuen Energie-Infrastruktur aus dem Strompreis herausgenommen und vom Staat über Sonderfonds getragen werden. "Wenn man die Kosten jetzt unmittelbar auf den Strompreis auflegt, so wie in der alten Welt, als wir quasi ein stabiles System hatten, dann wird das eine teure Tasse Tee. Deswegen denke ich, das muss man vorfinanzieren. Im Klartext, die Netzentgelte rauszunehmen, aus dem Strompreis auch die Stromsteuer rauszunehmen aus dem Strompreis", so Habeck. Dies führe zu einer deutlichen Entlastung.
Der Grünen-Politiker schlägt gleichzeitig eine Milliardärs-Steuer vor. Aus den Einnahmen sollten die Schulen im Land saniert werden, sagte der "Bild am Sonntag". Man müsse auch in bessere Schulausstattung investieren und Personal in der Bildung stärker unterstützen. "Das kostet Geld. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich eine Finanzierungsquelle sehe, die wir bisher nicht genutzt haben."
Und weiter: "Es gibt ja nicht so viele, aber einige Milliardäre, also wirklich Superreiche. Und wenn man da einen kleinen Anteil ihres Vermögens besteuern würde, dann hätte man ungefähr fünf bis sechs Milliarden Euro. Und wenn man die für die Bildung nehmen würde, dann macht es meiner Ansicht nach Sinn, weil Bildung auch Zugang zum Aufstieg darstellt."
Habeck, Vater von vier Söhnen, beschrieb seine Erfahrungen: "Ich habe das noch gut vor Augen und auch in der Nase, wie es gerochen hat auf den Toiletten." Der Wirtschaftsminister stellte einen Zusammenhang zwischen den Gebäuden der Kreissparkassen und den Schulen her: "Wenn die Schulen so aussehen würden wie unsere Sparkassen, man bliebe freiwillig länger."
Es "wäre super", so Habeck, "die Schulen und die Kitas in den nächsten vier, fünf Jahren gut zu sanieren". Dafür habe er vorgeschlagen, "in die öffentlichen Einrichtungen durch einen großen Fonds zu investieren - in Schulen und Kitas auch". Habeck: "Es ist erst auch eine Frage des Geldes, dass Schule und Kitas gut aussehen, dass die nicht stinken und dass man sich da wohlfühlt. Das kostet Geld. Das muss man aus dem Fonds vorfinanzieren, meine ich."
Im Hinblick auf die deutschen Automobilkonzerne macht Habeck deren Bosse für die Absatzprobleme bei E-Autos und die Krise der gesamten Branche verantwortlich. Zu teure Elektroautos seien "ein wissentlich und strategisch eingegangenes Problem, weil die deutschen Automobilkonzerne ihre Strategie so aufgebaut haben."
Er habe das seit Jahren mit den Konzernen diskutiert, aber die deutschen Autobauer hätten stets gesagt: "Wir fangen im oberen Marktsegment mit der elektrischen Mobilität an, die Autos sind am Anfang teurer, bis die Technik massenweise produziert wird. Und dann haben sie gesagt, wenn ein Auto 80.000 oder 100.000 Euro kostet, dann kann es auch 105.000 Euro kosten. Interessiert ja keinen in dem Preissegment. Und dann gehen wir langsam runter, so dass wir mehr Erfahrung gesammelt haben und größere Volumina produzieren, wenn wir bei den 30.000 oder 20.000 Euro teuren Autos sind."
Habeck kritisierte vor allem den VW-Konzern: "VW heißt Volkswagen. Die müssen ein E-Auto für 20.000 Euro produzieren. Die Japaner machen das jetzt bald. Und die Chinesen machen das bald. Das ist eine kritische Phase für die deutsche Automobilindustrie - das ist die deutsche Leitindustrie."
Er glaube aber, dass die Wende für die deutschen Autokonzerne noch möglich sei. Aber: "Sie sind hinter der Welle. Wenn die Automobilindustrie ein Problem nicht hat, dann, dass sie zu schnell ist. Wir müssen die unterstützen. Wir müssen die Kaufbedingungen, die Ladesäulen, die Preise für Strom, das müssen wir alles besser machen. Aber es muss in die Zukunft gehen und nicht, die Vergangenheit zu einem Museum machen."
Habeck verwahrte sich dagegen, Autofahrer, die am Verbrennermotor festhalten, zu brandmarken: "Ich würde das niemals tun. Menschen, die ihren Verbrenner fahren, die sollen den Verbrenner fahren, bis er kaputt ist." Diese Autos könnten auch nach 2035 weitergefahren werden: "Die können auch klimaneutral sein im Sinne von `klimaneutrales Benzin tanken`, was im Moment wirklich eine teure Tasse Tee ist."
mehr News aus der Region