Hass im Netz nimmt weiter zu: Doch man kann sich wehren

„Hass im Netz ist Gift für die Meinungsvielfalt, Gift für offene Diskussionen und damit auch Gift für unsere Demokratie"

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Symbolfoto. | Foto: Pixabay

Region. Erneut gibt es einen deutlichen Anstieg der Verfahrenszahlen bei der niedersächsischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet. Darüber berichtet das Niedersächsische Justizministerium und stellt einen neuen digitalen Strafantrag vor, der jetzt im Online-Meldeportal verfügbar ist.



„Hass im Netz ist Gift für die Meinungsvielfalt, Gift für offene Diskussionen und damit auch Gift für unsere Demokratie", betont Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann mit Blick auf die Verfahrensstatistik der niedersächsischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet (ZHIN) bei der Staatsanwaltschaft Göttingen: „Mehr und mehr Menschen, denen es um sachliche Diskussionen geht, ziehen sich aus dem Internet zurück. Deshalb müssen wir als Politik und als Gesellschaft alles daransetzen, Hass im Netz entschlossen zu bekämpfen und den Trend zunehmender Hasskriminalität im Internet schnellstmöglich umzukehren."

Verfahren nehmen weiter zu


Die ZHIN, die in Niedersachsen zentral für die Verfolgung von bedeutender Hasskriminalität im Netz zuständig ist, verzeichnet seit dem Beginn ihrer Arbeit zum 1. Juli 2020 einen stetigen Anstieg ihrer Verfahrenszahlen. Im Zeitraum vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2024 nahm sie mehr als 3.500 neue Ermittlungsverfahren auf - eine Steigerung von mehr als 60 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, als noch knapp 2.200 neue Verfahren registriert wurden. In mehr als 500 Fällen wurde vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2024 gegen mutmaßliche Täterinnen und Täter Anklage erhoben oder ein Strafbefehl beantragt. Dies entspricht etwa einer Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr. Die ZHIN bietet Bürgerinnen und Bürgern ebenso wie ehrenamtlichen Organisationen (NGO) und Medienunternehmen zudem die Möglichkeit, Fälle von Hasskriminalität über das digitale Meldeportal www.hassanzeigen.de - auch anonym - selbst zu melden. Im letzten Jahr gingen hierauf fast 1.500 der neu aufgenommenen Verfahren der Zentralstelle zurück. Auch hier war ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen.

Strafantrag vollständig digital


Dabei können Betroffene auf www.hassanzeigen.de künftig noch einfacher strafrechtlich gegen Täterinnen und Täter vorgehen. Seit dem 12. September 2024 besteht dort die Möglichkeit, nicht nur die Strafanzeige online zu erstatten, sondern auch den in einigen Fällen notwendigen Strafantrag vollständig digital zu stellen. Ein solcher ist beispielsweise zur strafrechtlichen Verfolgung von Beleidigungsdelikten in vielen Fällen erforderlich (§ 194 Absatz 1 Satz 1 Strafgesetzbuch). Strafanträge mussten bislang grundsätzlich schriftlich - d. h. versehen mit eigenhändiger Namensunterschrift - gestellt werden; erst seit kurzem ist dieses gesetzliche Erfordernis entfallen (§ 158 Absatz 2 Strafprozessordnung). Auf www.hassanzeigen.de wurde die Möglichkeit der digitalen Antragstellung nun schnell technisch umgesetzt, sodass Betroffenen die Übermittlung eines separaten Schriftstücks mit unterschriebenem Strafantrag in Zukunft erspart bleibt.

Die Niedersächsische Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann lobt die Arbeit der ZHIN: „Die Zentralstelle zur Bekämpfung von Hass und Hetze im Internet ist die Speerspitze der Bekämpfung digitaler Gewalt in Niedersachsen. Nicht nur wird dort mit größter Expertise und höchster Konsequenz an der Verfolgung von Hasskriminalität im Netz gearbeitet - nun haben es die Kolleginnen und Kollegen auch innerhalb von kurzer Zeit geschafft, die neue rechtliche Möglichkeit der digitalen Strafantragsstellung technisch umzusetzen. Damit haben sie einmal mehr ihre große Innovationsfähigkeit praktisch unter Beweis gestellt. Das macht es Bürgerinnen und Bürgern in Zukunft noch einfacher, sich mit den Mitteln des Strafrechts gegen digitale Gewalt zu wehren. Die steigenden Verfahrenszahlen der Zentralstelle zeigen außerdem, wie wichtig es war, dass wir gerade dort personell in diesem Jahr noch einmal aufgestockt haben. Wir müssen den Täterinnen und Tätern weiterhin mit aller Macht klarmachen: Recht und Gesetz gelten auch im Internet und werden vom Staat konsequent durchgesetzt."

Prävention ebenso wichtig


Neben der entschlossenen strafrechtlichen Verfolgung seien aber auch gute Präventionsarbeit und ein wirksamer zivilrechtlicher Schutz der Opfer von netzbasierter Hasskriminalität dringend erforderlich, sagt die Ministerin: „Um Opfer wirksam zu schützen, kommt es neben der strafrechtlichen Verfolgung der Täterinnen und Täter vor allem darauf an, dass Hasspostings schnell aus dem Internet entfernt werden, bevor sie viral gehen. Dazu braucht es endlich ein effektives Gesetz gegen digitale Gewalt. Hier ist weiterhin der Bund am Zug, schnellstmöglich einen konkreten Gesetzentwurf auf den Tisch zu legen. Niedersachsen ist jederzeit gern bereit, sich in der weiteren Diskussion konstruktiv einzubringen."


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