Schöningen. Ein im ehemaligen Braunkohletagebau am Forschungszentrum Schöningen entdeckter, rund 300.000 Jahre alter Wurfstock, erweitert die Kenntnisse über das Jagdverhalten der in der Region lebenden Frühmenschen erheblich. Die an dem Wurfstock sichtbaren Gebrauchsspuren belegen eindeutig, dass dieser als Jagdwaffe benutzt wurde. Homo heidelbergensis verwendete die Holzwaffe vermutlich, um Wasservögel zu jagen und größere Säugetiere vor sich herzutreiben, berichten Archäologen vom Senckenberg-Zentrum für menschliche Evolution und Paläoumwelt der Universität Tübingen und der Universität Liège. Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur finanziert die Ausgrabungen in Schöningen, die in Kooperation mit dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege ausgeführt werden. Dies teilt das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur mit.
„Wir freuen uns über den sensationellen Fund", sagt Wissenschaftsminister Björn Thümler. „Durch die detaillierte Untersuchung des Wurfstocks erhalten wir erstmals eindeutige Belege dafür, wie frühsteinzeitliche Jagdwaffen hergestellt und wozu sie verwendet wurden. Diese neuen Erkenntnisse unterstreichen die große wissenschaftliche Bedeutung der Freilandfundstelle am Forschungszentrum Schöningen."
Der 64,5 Zentimeter lange Wurfstock aus Fichtenholz mit einem Durchmesser von 2,9 Zentimetern stamme aus einer Fundschicht, in der schon in den neunziger Jahren immer wieder sehr gut erhaltene Wurfspeere und andere Holzwerkzeuge ausgegraben worden seien, deren Verwendungszweck allerdings bislang unklar geblieben sei. Die Gebrauchsspuren an dem im Dezember 2016 entdeckten Wurfstock würden nun erstmals Rückschlüsse über dessen Nutzung zulassen.
Die Chancen, bei der Ausgrabung paläolithischer Fundstätten Holzgegenstände zu finden, seien nach Angaben der Archäologen sehr gering, da Holz normalerweise nicht besonders lange haltbar ist. Die Fundstelle Schöningen liefere aufgrund der besonderen Erhaltungsbedingungen in wassergesättigten Sedimenten eines früheren Seeufers mit Abstand die zahlreichsten paläolithischen Artefakte. So hätten Archäologen des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege hier zwischen 1994 und 1998 die Schöninger Speere entdeckt, die mit einem Alter von etwa 300.000 Jahren die bisher ältesten erhaltenen Jagdwaffen der Menschheit seien. Sie werden im benachbarten Forschungs- und Erlebniszentrum Schöninger Speere ausgestellt.
300.000 Jahre alter Wurfstock in Schöningen entdeckt
Der Fund zeige, dass die Steinzeitmenschen Holzwaffen eingesetzt haben.
Der 300.000 Jahre alte Wurfstock bei seiner Entdeckung. | Foto: Alexander Gonschior