Und in der Mittagspause eine große Rochade

Überraschender Renner: Bei der Lavie Reha wächst das Interesse an Schach und strukturiertem Denken.

Beim Kurzbesuch an den Brettern aktiv (von links): Gruppenleiter Sven Noormann,  Robin Luca Janert, Maximilian Paland und Luana Hahn. Es fehlte hier Nathalie Plantikow.
Beim Kurzbesuch an den Brettern aktiv (von links): Gruppenleiter Sven Noormann, Robin Luca Janert, Maximilian Paland und Luana Hahn. Es fehlte hier Nathalie Plantikow. | Foto: Lavie Reha

Königslutter. Mal über den Tellerrand schauen, zwanglos Neues ausprobieren und dabei Fehler machen dürfen – auch dafür steht das Angebot der Lavie Reha in Königslutter, die sich um psychisch belastete junge Menschen kümmert. Seit Kurzem gehört nun auch ein Kurs dazu, der auf den ersten Blick überrascht: Schach. Dies geht aus einer Lavie-Pressemitteilung hervor.



Sven Noormann, Dipl. Pädagoge und Rehabegleiter bei Lavie, leitet das Angebot in der Boulderhalle (donnerstags 10 bis 11, freitags 13 bis 13.45 Uhr). Er selbst hat sich vor Jahren mit dem Schach-Bazillus infiziert, wie er sagt: „Seit letztem Jahr bin ich beim Schachverein Königslutter aktiv und als Jugendwart gewählt.“

Persönlich könne man von der Beschäftigung mit dem Denksport nur profitieren, versichert er. „Es ist ein Leistungstraining für das Gehirn.“ Und es sei eine perfekte Ergänzung zu den sonstigen Angeboten bei Lavie, zu denen Kurse in körperlicher Ertüchtigung, für Entspannung und Selbstreflexion gehören. „Beim Schach fördern wir die Konzentration, die Kreativität und die Merkfähigkeit – das ermöglicht intensiveres Lernen.“

Die Verbesserung der Vorstellungskraft sei ein weiterer wichtiger Faktor des Denkspiels, um die jungen Leute für ihren weiteren Lebensweg zu festigen. „Uns liegen 1000 kreative Varianten vor, und das sind natürlich noch längst nicht alle“, sagt Sven Noormann, der sich vieles angelesen hat und mittlerweile Liga-Spiele für den Schachverein bestreitet.

Sofort gut angenommen


Sein Angebot bei Lavie erfreute sich von Beginn an großer Beliebtheit. „Alle Bretter waren sofort belegt, obwohl wir kaum die Werbetrommel gerührt haben.“ In der Regel nehmen 4 bis 8 Teilnehmer an dem Angebot teil. Mittlerweile sei sogar ein echtes Teamgefühl entstanden. „Weil wir völlig unterschiedliche Level in der Gruppe haben, helfen sich alle gegenseitig.“ Auch das sicher eine gute Schule fürs Leben.

All das bestätigen die beiden Paare, die sich an diesem Mittag an zwei Brettern gegenüber sitzen: Nathalie Plantikow (20) und Robin Luca Janert (23) sowie Luana Hahn (18) und Maximilian Paland (24) empfinden die Denksport-Mittagspause als durchaus erholsam. “Es ist eine schöne Abwechslung und reizvoll, mal was Neues zu lernen“, meint Nathalie, die eine Ausbildung in der Tischlerei macht. Und ihr Mitspieler Robin Luca ergänzt: „Der Alltag ist schon stressig genug – ich genieße die Ruhe in diesen Stunden.“

Luana Hahn hingegen hat sich schon als richtiges Talent herausgestellt. Seit einem Jahr erst spielt sie Schach, doch in den Duellen hat sie selbst stärkere Gegner besiegt. Ebenso wie ihr Mitspieler Maximilian Paland (beide Mediengestaltung) schafft sie ein bis zwei Partien pro Pause. Das ist sportlich, doch von Blitzschach noch weit entfernt. „Solche Schnell-Turniere trauen sie sich noch nicht zu“, erklärt Noormann. Er will nichts überstürzen und verweist auf die besondere Situation der jungen Menschen in der Reha.

Hinzu kommt, dass es beim Schach bekanntlich einen Sieger gibt – aber auch einen Verlierer. „Dieses Verlieren muss man erstmal lernen“, betont der Pädagoge. „Aber auch das bringt dich weiter – man bewahrt sich seine Demut, man lernt daraus Kraft zu schöpfen und steigern sein Können von Partie zu Partie.“


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