Himmlische Köstlichkeiten: Der violette Kloster-Stampftopf

von Marc Angerstein


Aus den Klöstern unserer Region stammen himmlische Köstlichkeiten. Fotos: Pixabay, Wolters
Aus den Klöstern unserer Region stammen himmlische Köstlichkeiten. Fotos: Pixabay, Wolters | Foto: Pixabay



Region. Klöster mit ihren Klosterküchen und zahlreichen jahrhundertealten überlieferten Rezepten gibt es in unserer Region zwischen Harz und Heide einige. Allein in Braunschweig gibt es gleich mehrere. Neben dem Aegidienkloster (im 12. Jahrhundert als Benediktinerkloster) und dem Dominikanerkloster wurde 1145 zwischen Nußberg und Buchhorst das Kloster Riddagshausen (eine ehemalige Zisterzienser-Abtei) gegründet. Beten nur bei Brot und Wasser? Von wegen! Himmlische Köstlichkeiten haben ihren Ursprung in Klöstern. Was wurde damals gegessen und getrunken? regionalKulinarisch.de veröffentlicht ein Kloster-Stampftopf-Rezept zur saisonalen Herbst- und Winterküche, wie einst von den Mönchen zubereitet und zum Nachkochen in der heutigen Zeit wärmstens empfohlen. 

In einem Waldgebiet mit vielen Teichen errichteten Mönche des Zisterzienser-Ordens auf dem sumpfigen Gelände vor der Stadt Braunschweig ein Kloster, das heutige Kloster Riddagshausen. Sie legten das Gelände trocken, bauten Fischteiche und eine Klosteranlage. Noch immer sind davon das Torhaus, die Klostermauer, die Frauen- und Siechenkapelle sowie die 1275 eingeweihte Klosterkirche St. Mariae erhalten. Das Gotteshaus wird seit der Reformation als evangelische Gemeindekirche genutzt.

Königliches Violett



Foto: Pixabay



Der Kloster-Stampftopf ist violett, Rotkohl sorgt dafür. Violett ist die vorherrschende liturgische Farbe in der Adventszeit. Weil violett in der Natur selten vorkommt, steht die Farbe für das Kostbare und Königliche. Das sorgte schon im Mittelalter für Aufsehen. Neben der außergewöhnlichen Färbung verleiht der Rotkohl dem Kloster-Stampftopf auch einen leichtherben Geschmack. Er machte satt, das war wichtig zur damaligen Zeit, gerade jetzt in der kalten Jahrszeit: Es gab nämlich nur eine Mahlzeit am Tag.

Weinschorle und Schwarzbrot


Die Zisterzienser richteten sich beim Essen nach den Ordensregeln des heiligen Benedikt. Die Mahlzeiten waren klar geregelt. In den arbeitsreichen Sommermonaten gab es täglich zwei Mahlzeiten, eine mittags und eine am Abend. Nur Mittwochs und Freitags, den traditionellen Fastentagen, gab es nur eine Mahlzeit, in der Regel am Abend. Im Winter gab es ohnehin nur eine Mahlzeit, meist einfache Gemüsegerichte, Brei und Hülsenfrüchte. Die Zubereitungen waren nahezu fleischlos: Nur Geflügel und Fisch war erlaubt. Dazu bekam jeder Mönch einen Schoppen Wein (etwas mehr als ein viertel Liter), der meist mit Wasser vermischt wurde. Außerdem erhielt jeder Mönch täglich rund ein Pfund Schwarzbrot und saisonal Obst aus den Obstgärten des Klosters Riddagshausen.

Wolters Märzen


Die Mönche saßen zum Essen an langen Tischen nebeneinander. Sprechen war nicht erlaubt. Während des Essens las ein Mönch, in wöchentlichem Wechsel, aus der Bibel vor. Historisch überliefert ist, dass dazu neben Wein auch Bier getrunken wurde. Im 18. Jahrhundert brauten etwa 350 deutsche Klöster ihr eigenes Bier. Die Mönche schätzten es, weil es satt macht und auch in der Fastenzeit erlaubt war.

In unserer Region und auch im Kloster Riddagshausen wurde von Mönchen schon lange Bier gebraut. Darunter eines, das bis heute auf dem Markt unter dem Namen "Märzen" erhältlich ist. Bereits vor mehr als 100 Jahren wurde vom Hofbrauhaus Wolters ein "Märzen" hergestellt. Der Begriff Märzen entstand aus dem Brauzyklus Bier herstellender Mönche im Mittelalter: Bereits im März – also vor der Fastenzeit – brauten sie als die bekanntesten deutschen Braumeister ihrer Zeit bereits ein Bier ein, das wegen seines erhöhten Alkoholgehaltes (heute 6 Prozent) über lange Zeit lagerfähig war und daher ganzjährig verzehrt werden konnte. Also hat der Braumonat März damit einer ganzen Biergattung ihren Namen verliehen. Heute produzieren in Deutschland nicht einmal mehr ein Dutzend Klosterbrauereien einen eigenen Gerstensaft.


Foto: Pixabay und Wolters



Aus heute unerklärlichen Gründen ist diese damals sehr begehrte Wolters-Spezialität nach dem Ersten Weltkrieg in unserer Region vom Markt verschwunden. Erst 2008 tauchte das schon in Vergessenheit geratene Braurezept wieder auf und seitdem wird Wolters Märzen wieder ganzjährig angeboten. Es empfiehlt sich immer dann, wenn Genießer sich mit etwas ganz Besonderem belohnen möchten. Auch von Damen wird diese Spezialität sehr geschätzt, auch wegen seines bernsteinfarbenen Aussehens. Feinwürzig und vollmundig im Geschmack. Seinen süffigen Charakter erhält Wolters Märzen in erster Linie durch den Einsatz ausgesuchter Spezialmalze und einem hohen Gehalt an Stammwürze. Es passt ausgezeichnet zu unserem violetten Kloster-Stampftopf.

Zutaten:



  • 1 Kilogramm Kartoffeln (möglichst mehlig kochend)

  • 1 (kleiner) Kopf Rotkohl

  • 1 Zwiebel

  • 2 EL Apfelessig

  • 1 EL gemahlene Lorbeeren

  • 1 EL Zimtpulver

  • Salz, Pfeffer, Zucker


Zubereitung:


Kartoffeln schälen, Rotkohl hacken und Zwiebel in kleine Würfel schneiden. Zusammen in einem Topf etwa 20 Minuten köcheln, bis die Kartoffeln gar sind. Abgießen und ähnlich der Zubereitung eines Kartoffelbreis zerstampfen. Lorbeer und Zimt hinzugeben. Mit dem Apfelessig, Salz, Pfeffer und Zucker abschmecken.

Grobe Braunschweiger Bratwurst dazu?


Der violette Stampftopf ist damit fertig und wurde von den Mönchen so gegessen. Für die heutige Zeit ungewöhnlich aber auch wieder modern, nämlich vegan. Wenn Sie kein Veganer, Vegetarier und kein Mönch sind, können Sie dazu aber auch gern ein Kalbsschnitzel oder grobe Braunschweiger Bratwurst servieren.

Wer es aromatisch und vegan mag, könnte übrigens auch eine Klosterküche in Korea besuchen. Dort wird nur mit Gemüse gekocht, allerdings wird auf jegliches Zwiebelgemüse (also auch auf Knoblauch, Schalotten, Lauch und Schnittlauch verzichtet, weil es den Zustand der Lust erhöhe. Undenkbar.

Guten Appetit! Nach dem Essen begaben die Mönche sich zu einem Dankgebet in die Kirche.


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