Region. Feuerwerk ist eine Explosion für die Sinne – grell, bunt, laut und spektakulär. Doch was für die einen zum Jahreswechsel ein faszinierendes Schauspiel ist, kann für andere schmerzhaft enden. Silvesterknaller gehören zu den häufigsten Ursachen für akute Gehörschäden, wie das Helios Klinikum Gifhorn in einer Pressemitteilung schreibt. Das Krankenhaus gibt Tipps zur Vorbeugung und klärt über Behandlungsmethoden auf.
Schon ein einziger lauter Knall kann ein sogenanntes Knalltrauma auslösen – mit Folgen wie Hörminderung oder Tinnitus, die die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen können. „Ein Feuerwerkskörper, der direkt vor dem Ohr explodiert, erreicht Schallpegel von über 150 Dezibel – das ist lauter als ein startendes Flugzeug“, warnt Dr. med. Marc Holzgraefe, Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde am Helios MVZ Gifhorn und Chefarzt der Klinik für HNO im Helios Klinikum Gifhorn. „Ab etwa 140 Dezibel kann es bereits zu bleibenden Schäden im Innenohr kommen.“ Besonders gefährlich: Häufig treffe es Unbeteiligte, wenn Böller unkontrolliert durch die Luft geworfen werden und in Ohrnähe detonieren. „Dann kann nicht nur das Trommelfell reißen – im schlimmsten Fall wird auch das empfindliche Innenohr verletzt“, erklärt der HNO-Experte.
So erkennt man ein Knalltrauma
Typische Anzeichen für ein Knalltrauma seien plötzliches dumpfes Hören oder Hörminderung, Pfeifen im Ohr (Tinnitus), Druckgefühl oder Schwindel. „Viele Betroffene beschreiben es, als hätten sie Watte im Ohr“, erklärt Dr. Holzgraefe. „Wer nach einem Knall schlechter hört oder ein anhaltendes Pfeifen bemerkt, sollte rasch eine HNO-Praxis oder Notaufnahme aufsuchen.“
So kann man einem Knalltrauma vorbeugen
Zum Glück lasse sich ein Knalltrauma leicht vermeiden. „Das Wichtigste ist Abstand halten – mindestens acht Meter zu gezündeten Raketen oder Böllern“, rät der Experte. „Und wer zündet oder zuschaut, sollte unbedingt Ohrstöpsel oder Gehörschutzkapseln
tragen.“ Für Kinder sei das „Feuerwerk der Sinne“ besonders aufregend – zugleich sind sie am stärksten gefährdet, weil sie die Risiken nicht richtig einschätzen können. „Für sie gibt es spezielle Kinder-Gehörschutzkapseln, die angenehm sitzen und zuverlässig dämpfen“, so
Holzgraefe. Ebenso wichtig: Nur zugelassenes Feuerwerk verwenden, illegale Böller meiden und niemals über gezündete oder vermeintlich erloschene Knaller beugen.
Wenn’s schon passiert ist: Erste Hilfe fürs Ohr
Nach einem lauten Knall gelte: „Ruhe bewahren – und das Ohr in Ruhe lassen – also nicht reinigen, keine Tropfen einträufeln oder Watte hineinstecken“, mahnt der HNO-Arzt. „Besser ist es, Lärm zu vermeiden und das Ohr locker abzudecken, bis eine Ärztin oder ein Arzt es untersucht hat.“ Bei anhaltendem Tinnitus, Hörminderung oder Schmerzen solle man nicht abwarten: „Je früher die Behandlung beginnt, desto besser sind die Heilungschancen“, betont Dr. Holzgraefe.
Behandlung und Heilungschancen
„Ein Knalltrauma heilt oft folgenlos aus – vorausgesetzt, die Behandlung beginnt schnell“, erklärt Dr. Holzgraefe. „Je früher gehandelt wird, desto besser sind die Chancen auf vollständige Erholung – idealerweise innerhalb der ersten 24 bis 48 Stunden, spätestens aber in den ersten zwei Wochen.“ Bei leichten Schädigungen reiche häufig Hörschonung in ruhiger Umgebung aus. Unterstützend könnten durchblutungsfördernde Infusionen oder Medikamente gegeben werden, um die Sauerstoffversorgung im Innenohr zu verbessern. Bei stärkeren Schäden oder anhaltender Hörminderung kämen Kortisonpräparate zum Einsatz – entweder als Tabletten oder Infusion, um Schwellungen zu reduzieren und Sinneszellen zu stabilisieren.
„Inzwischen hat sich zudem eine gezielte Behandlung direkt am Ohr etabliert“, sagt Dr. Holzgraefe. Dabei wird eine Kombination aus Kortison und Hyaluronsäure unter lokaler Betäubung durch das Trommelfell in das Mittelohr injiziert. Von dort gelangt der Wirkstoff über die feinen Membranen ins Innenohr. „So erreicht das Medikament genau den Ort der Schädigung und umgeht den Umweg über die Blutbahn –das verringert Nebenwirkungen und verbessert die Wirkung“, so der HNO-Arzt.

