Horror-Droge Flex: So gefährlich ist sie wirklich

regionalHeute.de bat die Polizei und das Niedersächsische Gesundheitsministerium um eine Einschätzung.

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Symbolbild | Foto: Alexander Panknin

Region. In der vergangenen Woche berichteten der NDR und andere Medien über die "Horror-Droge" Flex, die sich in Niedersachsen ausbreite. Doch wie gefährlich ist die Substanz wirklich? Wo liegen ihre Ursprünge? Und wie verbreitet ist sie bereits in unserer Region? regionalHeute.de bat die Polizei und das Niedersächsische Gesundheitsministerium um eine Einschätzung.



Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung stellt klar, dass es sich bei Flex keinesfalls um eine neue Droge handelt. "Flex ist ein Szenename für MDPV – Methylendioxypyrovaleron. Weitere Bezeichnungen sind Cloud Nine, Monkey Dust, MTV, Magic, Super Coke und Peevee (in den USA Flakka)", so eine Sprecherin des Ministeriums. MDPV sei bereits in den 1960er Jahren von der Pharmafirma Boehringer Ingelheim entwickelt worden. Da in Tests unerwünschte Nebenwirkungen wie Suchtverhalten auftraten, sei die Entwicklung eingestellt worden.

Vorgänge im unteren zweistelligen Bereich


Wie die Polizeidirektion Braunschweig mitteilt, sei der Begriff "Flex" hier bislang nicht aufgetaucht beziehungsweise verwendet worden. Hier werde eher das Synonym „Peewee“ verwendet. Auch sei die Droge bislang nicht weit verbreitet. Wenn Flex als MDPV bewertet werde, seien bislang innerhalb der letzten fünf Jahre Vorgänge im unteren zweistelligen Bereich in der Polizeidirektion Braunschweig zu verzeichnen, so eine Sprecherin.

Auch das Gesundheitsministerium bestätigt dies. Flex sei bislang in Niedersachsen nicht sehr bekannt. Auch Beratungsanfragen in den 75 niedersächsischen Fachstellen für Sucht und Suchtprävention seien bislang so gut wie nicht gestellt worden. Die Nutzung von Flex sei dem Ministerium und der Niedersächsischen Landesstelle für Suchtfragen bislang nur aus dem Göttinger und dem Braunschweiger Raum bekannt. "Konsumentinnen und Konsumenten scheinen eher in den offenen niedrigschwelligen Angeboten an als in den Beratungsstellen anzukommen und sind offenbar überdurchschnittlich erfahren im Umgang mit harten Drogen", so die Sprecherin.

"Schlimmer als Kokain, Crystal Meth und Heroin"


Prinzipiell sei Flex aber eine hochgefährliche Droge, die sehr potent und nur schwer zu dosieren sei, warnt das Gesundheitsministerium. Ein Forschungsteam des Scripps Research Institute in La Jolla in den USA habe 2013 in einem Laborversuch mit Ratten herausgefunden, dass das Abhängigkeitspotential von MDPV zirka zehnmal höher liege als das von Methamphetamin (Crystal Meth), welches bereits zu den Drogen mit besonders hohem Abhängigkeitspotential zähle. Zudem seien die Folgeerscheinungen hoch risikobehaftet für die psychische und physische Gesundheit.

Die Beratungseinrichtungen für Sucht und Suchtprävention in Niedersachsen halten die Droge auch aufgrund seiner variablen Zusammensetzung und fehlenden Qualitätskontrollen überwiegend für sehr gefährlich, die Wirkung sei schlimmer als bei Kokain, Crystal Meth und Heroin. Bereits nach ein- bis zweimaligen Konsum sei eine sowohl psychische als auch physische Abhängigkeit vorhanden. Die Beratungsstellen, die mit Flex-Konsumierenden in Berührung kommen, berichten über ein oft sehr aggressives Verhalten der Flex-Konsumentinnen- und Konsumenten, über große Stimmungsschwankungen, Verfolgungswahn und Psychosen. Weitere Risiken seien akute Vergiftungen und massive langfristige Gesundheitsschäden bis zum Tod.

Unbekanntheit als Problem


Außerdem berichteten die Fachkräfte von häufig psychotischen Zuständen der Konsumierenden nach dem Konsum sowie von bleibenden und länger andauernden Beeinträchtigungen. Hinzu kommt ein rascher körperlicher Abbau. Vor allem die Angstzustände und das psychotische Erleben soll noch Monate nach Einnahme weiter anhalten. Die unterschiedlichen Namen dieser Droge und deren Unbekanntheit stellten nach Ansicht der Suchtberatungsstellen ein eigenes Problem dar.

MDPV sei ein vollsynthetisches Amphetaminderivat und zähle zu den psychoaktiven Substanzen, berichtet das Ministerium weiter. Die chemische Zusammensetzung und Herkunft sei sehr variabel. MDPV sei auch ein häufiges Streckmittel für Kokain, Ecstasy oder Amphetamin. Flex werde auf verschiedene Arten konsumiert: Es wird geraucht, gespritzt, geschnupft.

Von Paranoia bis Herzrasen


Der Aufbau von MDPV ähnele dem von Ecstasy, die Wirkung ähnele mehr der von Amphetamin, Ritalin oder Kokain. Die Einnahme von Flex bewirke ein Hochgefühl bis hin zur Euphorie. Dieser Effekt sei jedoch nur von sehr kurzer Dauer. Zudem nehme das Gefühl von körperlicher Stärke und Selbstsicherheit zu. Kennzeichnend für Flex sei jedoch auch das starke Verlangen, die Droge weiter zu konsumieren. Die Folge davon könnten tagelanger Schlafentzug und extrem verringerte Nahrungsaufnahme sein, das Risiko einer sehr schwer behandelbaren Psychose steige zudem. Negative Effekte des Konsums von MDPV seien, neben langanhaltenden und sehr starken Psychosen, Paranoia, Depressionen, Panikattacken, Schlaflosigkeit oder Halluzinationen. Aber auch Herzrasen, Herzrhythmusstörungen, starke Nierenschmerzen und massive Durchblutungsstörungen seien regelmäßig Folgen des Konsums.

"Aktuell kein Schwerpunkt"


Als weitere mögliche negative Wirkungen nennt die Polizeidirektion Braunschweig Krämpfe, epileptische Anfälle und eine nachhaltige Schädigung des Gehirns. Zudem werde MDPV gegebenenfalls mit anderen Substanzen gestreckt. Grundsätzlich werde jedes Auftreten einer Droge von der Polizei ernst genommen, da jedes Betäubungsmittel Abhängigkeiten hervorrufen könne und damit verbunden eine grundlegende Gefährlichkeit von der Droge ausgehe. Allerdings mache die Droge MDPV nach Recherchen und Analysen des LKA Niedersachen nur einen geringen Anteil in Niedersachsen aus. Die Droge MDPV stelle daher aktuell keinen Schwerpunkt bei der Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität dar, so die Polizei abschließend.


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