Wolfenbüttel. Die Ökologische NABU-Station Aller/Oker (ÖNSA) hat 780 Tiere ausgewildert, die im Auftrag des Landkreises Wolfenbüttel in menschlicher Obhut aufgezogen worden waren. Die seltene und EU-weit geschützte Wechselkröte ist in Niedersachsen vom Aussterben bedroht. Sie kommt hier nur noch in den Landkreisen Wolfenbüttel und Helmstedt vor. Doch auch hier ist die Wechselkröte nur noch an einzelnen Standorten mit sehr wenigen Tieren vertreten.
Um diesen letzten Populationen zu helfen, hatte die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Wolfenbüttel in Kooperation mit der Ökologischen NABU-Station Aller/Oker (ÖNSA) im Jahr 2019 eine Bestandsstützung begonnen. Bei dieser Artenhilfsmaßnahme werden junge Kröten aus den Eiern über das Kaulquappenstadium herangezogen. Hierfür werden die Tiere von einem Standort im Landkreis Laich mit behördlicher Genehmigung entnommen und in der Wildtier- und Artenschutzstation Sachsenhagen (WASS) aufgezogen.
Wenn die jungen Kröten so weit sind, dass sie das Wasser verlassen und an Land gehen, werden sie an den Entnahmestandort und in weitere geeignete Gebiete mit Vorkommen der Wechselkröte ausgewildert. Ziel der Maßnahme sei es, die sehr verlustreichen Laich- und Quappenstadien zu überbrücken und so deutlich mehr Kröten großzuziehen, als in der Natur aufgewachsen wären, so der NABU.
Kröten begannen zu jagen
Am Tag der Auswilderung war Marieke Neßmann, Leiterin der ÖNSA, froh, dass die Auswilderungsgewässer trotz des niederschlagarmen Sommers noch etwas Wasser führten. Gemeinsam mit Anik Brandenburg von der Unteren Naturschutzbehörde und dem NABU Wolfenbüttel setzte Neßmann die kleinen Kröten, die der Leiter der WASS, Florian Brandes, gebracht hatte, in die flachen Gewässer. Alle Tiere haben den Transport gut überstanden. Von den Teichen hüpfen die jungen Tiere an Land und verstecken sich hier unter Steinen und Vegetation. "Besonders freut mich zu beobachten, dass viele Kröten gleich beginnen nach Fliegen und anderen kleinen Insekten zu jagen, die sich im Uferbereich aufhalten", sagte Brandes. Nun müssten sie fressen und sich vor Gefahren wie Fressfeinden und Straßenverkehr in Acht nehmen. In zwei bis drei Jahren, wenn sie geschlechtsreif sind, werden die Tiere zur Paarung und Laichablage erneut ein geeignetes, fischfreies Gewässer mit wenig Vegetation und flachen, besonnten Ufern aufsuchen.
Wechselkröte hat besondere Ansprüche
Die Wechselkröte ist eine Pionierart. Sie ist auf "rohbodenreiche Offenlandstandorte" spezialisiert. Ihre ursprünglichen Lebensräume sind kaum noch in unserer heutigen Kulturlandschaft vorhanden. Heutzutage besiedelt sie vornehmlich sekundär entstandene Habitate wie Kies- und Tongruben, Tagebaufolgelandschaften, Äcker, Brach- und Industrieflächen und gelegentlich auch Gewächshäuser und Gärten. Neßmann sagte: "Wichtig sind neben der Bestandsstützung auch Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensräume. Die Wechselkröte benötigt eine hohe Dynamik in der Landschaft. Es müssen vegetationsarme, besonnte Gewässer ohne Fressfeinde und rohbodenreiche Bereiche vorhanden sein. Nur dann kann auch die Bestandsstützung erfolgreich sein."
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