München. Das Münchner Ifo-Institut hat seine Wachstumsprognose für das laufende Jahr gekappt. Es rechnet nun mit Nullwachstum statt wie bislang mit 0,4 Prozent, wie die Wirtschaftsforscher am Donnerstag mitteilten.
Auch für das kommende Jahr senkte das Institut seine Schätzung, auf 0,9 Prozent statt 1,5 Prozent. 2026 soll die Wirtschaft nach Prognose des Ifo um 1,5 Prozent wachsen. "Die deutsche Wirtschaft steckt fest, und sie dümpelt in einer Flaute, während andere Länder den Aufwind spüren", sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.
"Wir haben eine strukturelle Krise", fügte er hinzu. Es würden zu wenig Investitionen insbesondere in der Industrie getätigt, und die Produktivität trete seit Jahren auf der Stelle. "Außerdem haben wir eine konjunkturelle Krise." Die Auftragslage sei schlecht, und die Kaufkraftgewinne führten nicht zu steigendem Konsum, sondern zu höherer Ersparnis, weil die Leute verunsichert seien.
Die Sparquote beträgt laut Institut nunmehr 11,3 Prozent, deutlich mehr als der Zehnjahresschnitt von 10,1 Prozent vor Corona. Ein Lichtblick könnte die Inflationsrate sein, die nach Einschätzung der Ökonomen weiter zurückgehen wird - von durchschnittlich 5,9 Prozent im vergangenen Jahr auf 2,2 Prozent in diesem. Anschließend werde sie sinken auf 2,0 Prozent und dann je 1,9 in den beiden kommenden Jahren.
Die Arbeitslosenquote wird laut Ifo steigen - von 5,7 Prozent im vergangenen Jahr auf 6,0 Prozent. Im kommenden Jahr werde sie dann sinken auf 5,8 und schließlich 5,3 Prozent erreichen. Das Defizit im Staatshaushalt dürfte in diesem Jahr 2,0 Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen und in den kommenden beiden Jahren auf 1,3 bzw. 0,9 Prozent fallen.
Belastend sind in diesem Jahr das Baugewerbe, dessen Leistung um 3,1 Prozent schrumpfen dürfte, und die Industrie, die um 2,0 Prozent zurückgeht. "Dekarbonisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel, Corona-Pandemie, Energiepreisschock und eine veränderte Rolle Chinas in der Weltwirtschaft setzen etablierte Geschäftsmodelle unter Druck und zwingen Unternehmen, ihre Produktionsstrukturen anzupassen", sagte Wollmershäuser.
Daher herrscht laut Institut eine Investitionsflaute vor allem in der Industrie, die in Deutschland einen deutlich höheren Anteil an der Wirtschaftsleistung habe als anderswo. "Und die Bevölkerung wird schneller altern, immer weniger Menschen stehen in Arbeit. Verschiebungen vom Industrie- zum Dienstleistungssektor erklären größtenteils den Produktivitätsstillstand der vergangenen Jahre", so der Ifo-Konjunkturchef.
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