Region. Massive Auswirkungen zeigen die angeordneten gesundheitspolitischen Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus, die die Geschäftstätigkeit in großen Teilen des Einzelhandels, im Hotel- und Gaststättengewerbe, im Tourismussektor, im Messe- und Veranstaltungswesen und bei bestimmten personenbezogenen Dienstleistern nahezu vollständig zum Erliegen gebracht haben. Doch auch abseits dieser besonders getroffenen Branchen sind die wirtschaftlichen Konsequenzen der Corona-Krise gravierend. Das eingebrochene Konsumklima, Nachfrageausfälle im In- und Ausland, unterbrochene Lieferketten und die Verunsicherung von Investoren und Auftraggebern haben in der regionalen Wirtschaft tiefe Spuren hinterlassen. Dies zeigt der gemeinsame Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammer (IHK) Braunschweig und der IHK Lüneburg-Wolfsburg für das erste Quartal 2020. Die Ergebnisse teilt die IHK in einer Pressemitteilung mit.
Demnach habe der IHK-Konjunkturklimaindikator, der im Vorquartal noch einen Stand von 106 aufwies, einen nie zuvor gesehenen Sturzflug um 63 Punkte auf einen aktuellen Wert von nur noch 43 verzeichnet. Dies sei der mit Abstand niedrigste Wert, der im Rahmen der IHK-Konjunkturauswertungen jemals ermittelt wurde. Selbst zum Höhepunkt der Finanzkrise vor mehr als zehn Jahren sei der Indikator lediglich auf den damaligen Tiefststand von 71 gefallen. Zum aktuellen Absturz des regionalen Konjunkturklimas hätten die bedrückenden Rückmeldungen der Unternehmen zu ihrer Geschäftslage dabei ebenso beigetragen wie die düsteren geschäftlichen Prognosen für die kommenden zwölf Monate. Derzeit würden nur noch elf Prozent der Betriebe ihre Geschäftslage als gut bezeichnen. Während 45 Prozent sie immerhin noch als befriedigend ansehen, würden 44 Prozent der Unternehmen die momentane Situation als schlecht bezeichnen. Folglich sei der Saldo aus guten und schlechten Lagebewertungen mit -33 weit in den Negativbereich gerutscht (Vorquartal noch +15). Noch steiler sei der Sinkflug bei den Geschäftserwartungen ausgefallen. So würden mehr als drei Viertel der befragten Unternehmen binnen Jahresfrist mit teilweise erheblichen geschäftlichen Einbußen rechnen. Ein Fünftel meint, das Geschäftsniveau halten zu können. An eine Aufhellung ihrer Geschäftstätigkeit glaubt hingegen nur eine kleine Minderheit von vier Prozent.
Der IHK-Umfrage zufolge seien etwa neun von zehn Unternehmen mit den negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie konfrontiert. Deutlich mehr als die Hälfte der Betriebe rechne bezogen auf das Gesamtjahr 2020 mit Umsatzrückgängen, ein großer Teil davon gar mit erheblichen Einbrüchen. So erwarte fast jedes fünfte Unternehmen Umsatzeinbußen von mehr als 25 Prozent. Für viele Unternehmen sei eine Einschätzung der Umsatzentwicklung aufgrund der jederzeit veränderlichen Lage aber gar nicht möglich. Ein gutes Drittel der befragten Betriebe befürchte, Corona-bedingt in Liquiditätsengpässe zu geraten. Fünf Prozent der Unternehmen würden damit schon im April rechnen, annähernd 30 Prozent im Mai. Knapp zwei Drittel halten ihre Liquiditätsreserven vorerst für ausreichend.
Die Lage ist ernst
„Die Ergebnisse unserer Konjunkturumfrage zeigen deutlich, wie ernst die wirtschaftliche Lage nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie und den in der Folge erlassenen gesundheitspolitischen Anordnungen auch im Wirtschaftsraum Braunschweig-Wolfsburg ist“, kommentiert Michael Zeinert, Hauptgeschäftsführer der IHK Lüneburg-Wolfsburg, und ergänzt: „Wenn unsere Wirtschaft nicht weitreichenden Schaden nehmen soll, muss jetzt gegengesteuert werden. Und zwar nicht nur durch die Gewährung von Hilfen, sondern durch ein verantwortungsbewusstes Hochfahren der wirtschaftlichen Aktivitäten.“ Dr. Florian Löbermann, Hauptgeschäftsführer der IHK Braunschweig, fügt an: „Der Druck für die Unternehmen steigt mit der Dauer des Shutdowns immer weiter. Die niedersächsischen Industrie- und Handelskammern haben daher der Politik Empfehlungen für einen geordneten Weg aus der Corona-Krise vorgelegt. Wir regen ein vierstufiges Vorgehen an, in dem nach den Betrieben des Einzelhandels möglichst bald auch die Außengastronomie und dann schrittweise weitere Branchen geöffnet werden. Dazu braucht es Kriterien und in jeder Stufe ein konkretes Anforderungsprofil je Wirtschaftsbereich, um ein ‚Soft Opening‘ zum Erfolg zu führen und die Situation nicht wieder zu verschärfen.“