Im Treccino treffen sich Kunst und Kaffee

von Andreas Molau




Seit Kurzem zeigt die Wolfenbüttler Rösterei Treccino eine Ausstellung von Michael Wiegand. Kulinarisch38 sprach mit dem Künstler.


Foto:

Michael Wiegand, Monika und Andreas Steinig, Maria Isabel Cáceres Guerrero (v.l.n.r.)[/image]

Erst einmal fallen sie gar nicht so sehr auf. In der Wolfenbüttler Rösterei Treccino hängen seit Kurzem Bilder. Die rote Wand an der Stirnseite des Cafés lädt dazu förmlich ein. Und man hat so recht den Eindruck, als müssten sie dort schon immer gehangen haben. In verschiedenen Formaten, allesamt Acrylmalerei, blicken sie auf die Gäste, die in Ruhe ihre Kaffeespezialitäten genießen. Und die Gäste blicken auf die Motive. Ein Dialog mit einer jungen Geigerin, deren Charakterkopf in kubistische Facetten aufgebrochen ist, wie die Wirklichkeit. Es ist, als betrachte man das konzentrierte Gesicht aus unterschiedlichen Blickwinkeln gleichzeitig. Fragmentarisch und doch eins in Form, Farbe und Komposition. Die Geige kehrt in einem anderen Werk wieder. Filigran und zerbrechlich liegt sie vor einem üppig blühenden Magnolienbaum. Dann eine Landschaft bei Eitzum – es könnte auch die Toscana sein – oder die Gruppe badender Frauen. Man sinnt, wer Urheber dieser Einblicke sein könnte.


Foto:

Der Weg ins Café

Die Stilmittel sind bekannt, aber Motive und Komposition sind trotzdem eigenständig. Lebendig und kraftvoll wirken sie allemal. Der Kopf, der hinter der kleinen Ausstellung steckt, ist Michael Wiegand. Ich treffe ihn im Treccino, damit wir über das Malen und seine Bilder sprechen können. Gefunden hatten sich Kunst und Kaffee bei einem Besuch Wiegands im Treccino. Monika Steinig sei auf die Bilder aufmerksam geworden, man sei ins Gespräch gekommen. Und nun hängt ein Teil des Werkes also am Alten Tor in Wolfenbüttel. Der bescheidene Künstler kommt mit seiner Frau, Maria Isabel Cáceres Guerrero, die ihn im künstlerischen Schaffen unterstützt und motiviert. Sie selbst ist Koordinatorin und Geschäftsführerin des Wolfenbütteler Stadteilnetzwerkes Nord-Ost. Mit Monika und Andreas Steinig blicken wir auf die Arbeit, des Künstlers aus Leidenschaft. Es ist ein Hobby, aber eben eines, dass Michael Wiegand mit ungeheurem Spaß und Fleiß verfolgt. Er war über die Fotografie zur Malerei gekommen.


Foto:

Der Zugang zur Malerei

Der Zugang zum Malen und Zeichnen sei schon immer da gewesen. Wenn er Zeichenstifte gesehen habe, hätte es stets in den Fingern gekribbelt, berichtet er augenzwinkernd. 2007 sei er mit dem Kunstlehrer seiner Tochter in Kontakt gekommen, habe ihn in dessen Atelier besucht und aus dem Kribbeln wurde Aktivität. Zunächst Autodiktatisch. Dann kam der Hunger nach mehr. Wiegand ging in verschiedene Malkurse und lernte. Farbmischtechniken, Komposition und solche Themen wurden dort erarbeitet. Vor allem jedoch gab es professionelle Begleitung. Talent muss man in künstlerischen Dingen haben. Aber eben überdies Fleiß und Ausdauer. Und die hat Michael Wiegand offenbar. Wenn er um die ersten Werke gerungen habe, sei er über Phasen gar nicht richtig ansprechbar, berichtet seine Frau. Heute sei er da entspannter. Malen sei eine Arbeit, die für ihn locker sein und Freude machen solle. Die Arbeitsintensität ist dadurch sogar eher noch größer geworden. Er verbindet sich mit dem Malgegenstand und diese Intensität spürt man auch in den Bildern.


Foto:

Ein Suchender

Übung macht den Meister. Und mit der zunehmenden Beherrschung der malerischen Techniken wird Michael Wiegand souveräner und souveräner. Dabei ist er trotzdem immer noch ein Suchender. Das macht den Künstler so sympathisch. Man hat nicht den Eindruck, da wird Fertiges angeboten. Massenware. Vielmehr ist er stets auf der Suche nach neuen Motiven, die er in schnellen Strichen vorgreift und später sorgfältig ausarbeitet. »Jedes Bild erzählt eine Geschichte«, berichtet er. Bis er mit einem Werk zufrieden ist, dauert es aber oft lange. Dann wird korrigiert und überarbeitet, bis wirklich alles vollendet ist. Michael Wiegand ist jedoch nicht nur mit dem Pinsel aktiv. Gelegentlich greift er überdies zum Kugelschreiber und schreibt Geschichten oder Gedichte – so wie früher, erst mal auf Papier. Wort und Bild passten zusammen, meint er. Um die Talente zu vereinen, hat er bereits Ideen, die auch schon ziemlich konkreter Natur sind. Man darf gespannt auf die Umsetzung sein.


Foto:

Malerei muss fesseln

Malerei muss fesseln, findet Michael Wiegand. Die Bilder sollen die Menschen in den Bann ziehen, bekennt er und sie müssen den Betrachter erfreuen. Es gebe so viele schöne Dinge im normalen Leben, die man nicht sehen würde. In einem Bild könnte man einen Augenblick auffangen und weitertragen. Malen und Schauen schärft also die Sinne für die Ästhetik im Alltäglichen. Man hat den Eindruck, dass der aus Lerbach am Harz stammende und seit 1988 in der Lessingstadt wohnende Maler absolut in dieser Arbeit aufgeht. Jedes Bild sei eine Herausforderung, vor allem ergebnisoffen. Er spielt mit den Stilen, legt Eigenes herein und nähert sich so ganz allmählich einer individuellen Note an. Dass im Treccino die Möglichkeit besteht, das kreative Schaffen zu verfolgen, ist eine tolle Sache. Monika und Andreas Steinig überlegen schon, wie man die Rösterei weiter zu einem Ort für Kunst und Literatur machen kann. Was würde besser zu einem leckeren Kaffee passen? Und wie ein schmackhaftes Gewürz, das man in einem Gericht nicht rausschmecken darf, sind die Bilder Michael Wiegands ein guter Anfang dazu. Man nimmt sie erst beiläufig wahr. Es dauert aber nicht lange, da setzt man sich mit ihnen auseinander. Genau das, was der Künstler beabsichtigt.

Mehr über Michael Wiegands Malerei ist auf dessen Internetseite zu sehen:

www.arts-of-michael.de