Wiesbaden. In Deutschland gibt es immer mehr Personen mit anerkannter Staatenlosigkeit. Zum Jahresende 2022 waren 29.455 Menschen als Staatenlose im Ausländerzentralregister (AZR) erfasst, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Donnerstag mit.
Die Zahl der staatenlosen Personen erreichte damit ihren bisherigen Höchststand. In den Jahren 2005 bis 2013 hatte sich die Anzahl dieser Personen stets zwischen 13.000 und 14.000 bewegt. Mit dem Einsetzen der starken Fluchtmigration ab 2014 hat sie sich dann bis zum Jahresende 2022 verdoppelt. Nach dem Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1954 werden Personen als staatenlos bezeichnet, wenn kein Staat sie als Staatsangehörige ansieht.
Festgestellt wird die Staatenlosigkeit meist im Rahmen der Beantragung eines Aufenthaltstitels oder eines Asylverfahrens. Die Ende 2022 registrierten Staatenlosen waren überwiegend männlich (58 Prozent beziehungsweise 17.025). Ein Viertel (25 Prozent beziehungsweise 7.455) der Personen in dieser Gruppe waren Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Was die Herkunft der Staatenlosen betrifft, wurde knapp die Hälfte (48 Prozent oder 14.055) der Personen in Syrien geboren.
Zu den häufigsten Geburtsstaaten zählen auch Deutschland mit 16 Prozent und der Libanon mit fünf Prozent. Die Zahl der in Deutschland geborenen Staatenlosen stieg seit 2014 von 3.550 auf 4.860, während die Zahl der im Ausland geborenen Staatenlosen sich seit 2014 mehr als verdoppelte (von 11.100 auf 24.595). In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern erhalten nicht die deutsche Staatsbürgerschaft, wenn nicht mindestens ein Elternteil seit acht Jahren in Deutschland lebt und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht hat. Laut dem Statistikamt gibt es vielfältige Ursachen für Staatenlosigkeit.
Der Nachweis einer Staatsangehörigkeit ist mit dem Besitz eines offiziellen Dokuments in Form eines Ausweises oder einer Geburtsurkunde verbunden. Fehlten einer Person solche offiziellen Dokumente, könne dies ein Grund für Staatenlosigkeit sein. Hierzu könne es beispielsweise kommen, wenn Geburten nicht registriert würden, so die Statistiker. Schätzungsweise besitzen nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef weltweit 237 Millionen Kinder unter fünf Jahren keine Geburtsurkunde.
Ein weiterer Grund liege in Gesetzen, die beispielsweise aufgrund ethnischer Zugehörigkeit oder Religion diskriminieren. Aber auch Geschlechterdiskriminierung könne Staatenlosigkeit begründen. In einigen Ländern der Welt könnten beispielsweise Frauen ihre Staatsangehörigkeit nicht an ihr Kind weitergeben. Zudem könnten Personen ihre Staatsbürgerschaft durch Staatsauflösung verlieren, wenn es ihnen nicht gelinge, die Nationalität des Nachfolgestaats zu erwerben.
So sind in Europa in den 1990er Jahren viele Menschen im Zuge der Auflösung der Sowjetunion und des ehemaligen Jugoslawiens in die Staatenlosigkeit geraten. Weltweit waren Ende 2021 nach Angaben des UN-Flüchtlingskommissariats UNHCR 4,3 Millionen Menschen staatenlos. Da von einer hohen Dunkelziffer auszugehen sei, liege die tatsächliche Zahl staatenloser Personen vermutlich noch deutlich höher, so das Statistikamt weiter.
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