Region. Wer als Kassenpatient zum Arzt möchte, der muss auch bei uns in der Region zeitweise lange auf einen Termin warten, zudem gibt es gerade im ländlichen Raum immer weniger Mediziner. Letzteres bestätigt auch die Kassenärztliche Vereinigung auf Anfrage von regionalHeute.de. Doch wie sieht die Situation ganz konkret aus?
Ärzte oder Psychotherapeuten, die gesetzlich versicherte Patienten ambulant behandeln möchten, benötigen einen freien Arztsitz. Wie viele es davon in einer Region gibt, regelt die so genannte Bedarfsplanung. "Für niederlassungswillige Ärzte und Psychotherapeuten ist von Bedeutung, ob der für sie in Frage kommende Planungsbereich „offen“ oder „gesperrt“ ist. Liegt der Versorgungsgrad einer ärztlichen Fachrichtung in einem Zulassungsbezirk unter 110 Prozent, können sich in der Regel dort weitere Ärzte einer Fachrichtung niederlassen. Wie viel dies sind, hängt vom Versorgungsgrad ab. [image=5e176978785549ede64d5d8b]Der Versorgungsgrad berechnet sich aus der Einwohnerzahl in einer Region und der jeweiligen Anzahl von Ärzten einer Fachgruppe. Zur Berechnung liegt immer eine Verhältniszahl zugrunde (zum Beispiel ein Hausarzt soll 1.671 Einwohner versorgen, ein Augenarzt 20.664 Einwohner). Versorgungsgrade unter 100 Prozent zeigen einen Bedarf auf", erklärt Detlef Haffke, Pressstelle, Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen. Steigt ein Wert über 110 Prozent, gilt ein Bereich als überversorgt und wird gesperrt. Sinkt die Quote unter 75 Prozent gilt dies als Unterversorgung und die Kassenärztliche Vereinigung muss handeln und einen Arzt vor Ort etablieren. Es gäbe in Niedersachsen zahlreiche Planungsbereiche die sich vom optimalen Versorgungsgrad (100 Prozent) in Richtung Unterversorgung (75 Prozent) bewegen würden, erklärt der Sprecher.
Land oft wenig attraktiv
Die Gründe dafür seien vielfältig. Immer weniger junge Ärzte würden sich auf dem Land niederlassen. Das Zauberwort sei "work-life-balance". Findet der Partner eine Arbeit, wie ist der Öffentliche Nahverkehr ausgebaut, was wird den Kinder geboten? Alles das sind Faktoren die sich mehr und mehr Auswirken, sagt Haffke.[image=5e1768f1785549ede64d5126] Unterm Strich würden dann Ärzte in der Fläche fehlen. "Der negative Anreiz, sich auf dem Land niederzulassen, ist oft so hoch, dass man einer Assistenzärztin oder einem Assistenzarzt, die/der sich nicht auf dem Land niederlassen möchte, auch mit monetären Anreizen nur schwer umstimmen kann." Natürlich gäbe es dabei auch Unterschiede. "Hat die Landpraxis verschiedene Vorzüge – zum Beispiel bleibt die Zahl der Bereitschaftsdienste auf zwei pro Monat beschränkt, und das Schul-/Betreuungsangebot für die Kinder befindet sich direkt vor Ort – können sich deutlich mehr Ärztinnen und Ärzte eine Niederlassung auf dem Land vorstellen", berichtet Haffke. Die Kommunen würden sich zunehmend engagieren, da sie erkannt hätten, dass auch die ärztliche Versorgung ein wichtiger Standortfaktor ist. Mehr Engagement wünscht man sich auf Seiten der KVN beim Öffentlichen Nahverkehr. "Kommunen müssen verstärkt darüber nachdenken, wie der Patient zum Arzt kommt", sagt Strache.
Zur konkreten Situation:
Der Landkreis Goslar ist laut Haffke noch gut aufgestellt: Bad Harzburg (ausschließlich die Stadt Bad Harzburg): 16 Hausärzte betreuen 21.669 Einwohner Versorgungsgrad 105,7 Prozent. Hier ist eine weitere Neuniederlassung möglich. Clausthal-Zellerfeld mit den Gemeinden Altenau, Braunlage, Clausthal-Zellerfeld, Schulenberg und Wildemann. 15,5 Hausärzte betreuen 21.704 Einwohner/Versorgungsgrad 114,7 Prozent. Hier ist 0,5 Neuniederlassung möglich. Goslar mit den Gemeinden Goslar/Stadt, Liebenburg, Vienenburg, Langelsheim, Hahausen; Lutter am Barenberge und Wallmoden. 52,5 Hausärzte betreuen 74.543 Einwohner/Versorgungsgrad 111 Prozent. Hier ist 0,5 Neuniederlassung möglich. Seesen mit den Gemeinden Harz gemeindefreies Gebiet, Stadt Seesen, 14 Hausärzte betreuen 19.321 Einwohner/Versorgungsgrad 110,5 Prozent. Keine Neuniederlassung möglich. Auch mit Fachärzten ist der Landkreis gut versorgt. Es gibt nur eine Halbtagsniederlassung für Augenärzte.
Weniger Hausärzte als geplant
Anders stellt sich die Situation bei den Hausärzten in Braunschweig und im Landkreis Wolfenbüttel da. Braunschweig mit den Gemeinden Stadt Braunschweig, Cremlingen, Dettum, Erkerode, Evessen, Lehre, Sickte und Veltheim wird von 186 Hausärzte versorgt. Bei einer Einwohnerzahl von 284.475 ergibt sich ein Versorgungsgrad von 108,5 Prozent. Drei Neuniederlassungen wären möglich. Noch deutlicher wird die Situation in Salzgitter mit den Gemeinden Baddeckenstedt, Burgdorf, Elbe Haverlah, Heere, Lengede, Stadt Salzgitter und Sehlde. 77 Hausärzte versorgen 122.773 Einwohner, das ergibt einen Versorgungsgrad von lediglich 101,5 Prozent. 6,5 Neuniederlassungen wären möglich.
In Wolfenbüttel mit den Gemeinden Am großen Rohde, Barnstorf-Warle, Börßum, Cramme, Dahlum, Denkte, Dorstadt, Flöthe, Gielde, Hedeper, Heiningen, Hornburg, Kissenbrück, Kneitlingen, Ohrum, Remlingen, Roklum, Schladen, Schöppenstedt, Semmenstedt, Uehrde, Vahlberg, Voigtsdahlum, Werlaburgdorf, Winnigstedt, Wittmar und Stadt Wolfenbüttel sind 52 Hausärzte angesiedelt. Sie versorgen 86.066 Einwohner. So liegt der Versorgungsgrad bei 97,6 Prozent. Hier sind sogar 13,5 Neuniederlassungen möglich. "Die Bereiche sind nicht mehr optimal versorgt. 23 Hausarztsitze sind frei" so Haffke. Die Versorgung durch Fachärzte sei dagegen in beiden Bereichen im grünen Bereich.
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