Region. Anlässlich des Tags des Artenschutzes am heutigen Sonntag fordert der NABU Niedersachsen von Politik und Gesellschaft dringend mehr Einsatz für gefährdete Arten. Denn neben der Klimakrise ist das fortschreitende Artensterben die größte Krise der Menschheitsgeschichte. Das macht der NABU in einer Pressemitteilung deutlich.
Der „Internationale Tag des Artenschutzes“ mache jedes Jahr auf den globalen Rückgang der Artenvielfalt aufmerksam. Auch in Niedersachsen sei die Artenkrise allgegenwärtig, viele Tier- und Pflanzenarten stehen auf der Roten Liste und sind sogar vom Aussterben bedroht. Der NABU Niedersachsen fordert daher von Politik und Gesellschaft dringend mehr Einsatz:. „Unser aller Ziel muss es sein, sowohl dem Artensterben wie auch der Klimakrise entgegenzuwirken. Klimaschutz und Artenschutz müssen zusammengedacht werden! Klimaschutz darf nicht auf Kosten des Artenschutzes betrieben werden“, betont Dr. Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen.
Vögel der Agrarlandschaft am stärksten bedroht
Vor allem Wiesen- und Feldvögel wie Rebhuhn, Braunkehlchen oder auch der Kiebitz, Vogel des Jahres 2024, zählen zu den am stärksten gefährdeten heimischen Vogelarten. Früher waren sie in Niedersachsen fast flächendeckend verbreitet, heute seien sie fast aus der Landschaft verschwunden. Intensive Landwirtschaft mit hohem Pestizideinsatz, extreme Witterungen, Nahrungsmangel, Störungen durch den Menschen, Flächenfraß und natürliche Fressfeinde machen ihnen zu schaffen und reduzieren seit Jahren die Bestände in Niedersachsen, Deutschland und ganz Europa.
Dabei trage Niedersachsen eine besondere Verantwortung für den Erhalt der Wiesenvögel. Rund 100.000 Hektar Feuchtwiesen, Moore und Wiesenniederungen seien in Niedersachsen als EU-Vogelschutzgebiete mit besonderer Bedeutung für Wiesenvogelarten gemeldet. „Doch gerade in diesen Gebieten steht es schlecht um die Wiesenvogelbestände. Damit wird gegen die EU-Vogelschutzrichtlinie verstoßen, ohne dass daraus bisher Konsequenzen gezogen werden. Notwendig für den Schutz von Braunkehlchen, Kiebitz und ihrer Artgenossen sind der Erhalt und Ausbau von geeigneten Lebens- und Rückzugsräumen sowie ein ausreichendes Nahrungsangebot. Dafür muss die Landbewirtschaftung naturverträglich gestaltet werden, Wälder müssen naturnäher bewirtschaftet werden und die Energiewende muss zwingend unter Berücksichtigung des Artenschutzes stattfinden“, mahnt Buschmann an.
Auch der Vogel des Jahres 2024 ist bedroht
Der Kiebitz brütet heute aufgrund des Lebensraumverlustes notgedrungen auf Äckern und Wiesen. Insekten als Nahrung findet er dort kaum noch. Der Umbruch von Grünland in Ackerland und die Entwässerung vieler Feuchtbiotope zur Intensivierung der Landwirtschaft haben bedrohliche Folgen für den Kiebitz.
„Der Kiebitz steht seit 2016 bundesweit als stark gefährdete Art auf der Roten Liste, in Niedersachsen sogar schon seit 2015. Der Kiebitz ist eigentlich vor allem in Mooren und Feuchtwiesen zu Hause. Wenn seine Lebensräume nicht konsequent geschützt werden, stirbt unser Vogel des Jahres 2024 in den nächsten Jahren in Niedersachsen aus“, warnt Buschmann.
NABU in zahlreichen Artenschutzprojekten aktiv
Im niedersächsischen Naturschutz können aber auch Erfolge vermeldet werden: Auf politischer Ebene ist 2020 aus dem Volksbegehren „Artenvielfalt.Jetzt!“ unter Mitinitiative des NABU Niedersachsen der Niedersächsische Weg hervorgegangen – eine verbindliche Vereinbarung zwischen Landesregierung, Landwirtschaft- und Umweltverbänden, welche die Akteure gesetzlich verpflichtet, konkrete Maßnahmen für einen verbesserten Arten-, Natur-, und Gewässerschutz umzusetzen.
Der NABU Niedersachsen setzt sich zudem seit über 75 Jahren und mit mittlerweile über 130.000 Mitgliedern mit praktischer Naturschutzarbeit für den Erhalt von Natur- und Umwelt ein. In verschiedenen Naturschutzprojekten setzt sich der NABU für bedrohte Amphibienarten, wie Gelbbauchunke, Wechselkröte und Co. ein. Bereits ausgestorbene Arten wie Europäische Sumpfschildkröte und Moorente konnten durch eine gezielte Wiederansiedlung nach Niedersachsen zurückkehren. Intensiv kümmert der NABU sich auch um die seltene Mopsfledermaus und die Insektenvielfalt. Gerade bei den Hummeln gibt es umfangreiche Bestrebungen des NABU, seltene Arten wie die Mooshummel vor dem Aussterben zu bewahren.
Die sechs Ökologischen NABU-Stationen in Niedersachsen leisten durch die Betreuung von Schutzgebieten für gefährdete Arten ebenfalls einen großen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt.
Naturschutz ist Menschenschutz
Mit Blick auf andere große Krisen der aktuellen Zeit gerät die Artenkrise oft in Vergessenheit. Dabei beeinflussen sich Klima- und Artenkrise gegenseitig: „Der beste Klimaschutz nützt uns nichts, wenn unsere Ökosysteme zerstört werden, gleichzeitig haben Natur- und Artenschutz keinen Effekt, wenn die Erde immer heißer und trockener wird. Aber nur eine intakte Natur mit gesunden Ökosystemen ermöglicht Krisenresistenz und ist elementar für unsere Existenz“, macht der Landesvorsitzende deutlich.
Er verweist auf die bestäubenden Insekten, die unsere Lebensmittelversorgung sichern und unversiegelte Böden, die als natürlicher Katastrophenschutz bei Hochwasser dienen. „ Das Erleben von Natur unterstützt die psychische Gesundheit. Konsequenter Artenschutz ist so wichtig, weil die Folgen des Artensterbens auch uns Menschen betreffen – nur wenn wir jetzt handeln, haben wir und folgende Generationen eine Chance auf ein Überleben auf diesem Planeten“, so Buschmann abschließend.
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