Berlin. Die Bundesrepublik erteilt in großem Umfang Visa an Bürger der Hauptasylherkunftsländer, die nach der Einreise häufig hierzulande Asylanträge stellen.
Wie die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) berichtet, waren unter den 351.915 Personen, die 2023 einen Asylerstantrag stellten, 37.329 zuvor per Visum eingereist, also ein gutes Zehntel. Im ersten Quartal des laufenden Jahres war das sogar bei mehr als jedem achten (8.411 von 65.419 Erstanträgen) Bewerber der Fall. Insgesamt stammt etwa die Hälfte der so eingereisten Asylbewerber aus den Ländern Syrien, Afghanistan, Türkei und Iran. Die ersten drei sind auch insgesamt die quantitativ wichtigsten Asylherkunftsländer, Iran liegt auf Platz fünf.
Im Einzelnen waren laut Bamf im ersten Quartal 2024 darunter 2.281 Syrer, 812 Türken, 662 Afghanen und 611 Iraner. Im Gesamtjahr 2023 wurde 8.493 Syrer, 4.740 Iraner, 3.870 Türken und 3.511 Afghanen gezählt.
Der Einschätzung von Insidern zufolge kommt diese Gruppe bis auf Ausnahmefälle nicht mit einem der besonders zahlreich vergebenen Familiennachzugsvisa oder humanitäre Visa ins Land. Die Begründung: Nachziehenden Angehörigen oder per Kontingent eingeflogene Flüchtlinge haben ja bereits einen Schutztitel oder einen gesicherten Aufenthalt und müssen nicht zusätzlich Asyl beantragen. Deshalb handelt es sich offensichtlich vor allem um Personen, die mit den übrigen Arten von Visa einreisen, etwa per Familienbesuchs-, Tourismus- oder Arbeitsvisa. Dies sind zum Beispiel in der Türkei oder im Libanon lebende Syrer, die ihre seit Langem in Deutschland lebenden oder sogar schon eingebürgerten Verwandten besuchen möchten.
Das Bamf wollte diese Einschätzung weder bestätigen noch dementieren. Eine statistische "Differenzierung nach Visaarten" sei bei Asylbewerbern nicht möglich, so das Amt. "Die Visadatei und der allgemeine Datenbestand des Ausländerzentralregisters" seien "voneinander getrennt". Ausgewertet werden konnte aber: Neben den Asylbewerbern, die per Visum einreisten, kommt ungefähr ein weiteres Zehntel der Antragsteller aus Staaten, die von der Visumpflicht befreit sind. So waren 2023 von den 351.915 Erstantragstellern 34.952 von der Visumpflicht befreit (Im ersten Halbjahr 2024: 12.911 von 132.201). Ein Fünftel aller Asylbewerber fliegt also per Visum oder Visumbefreiung nach Deutschland. 2023 waren die wichtigsten Gruppen der visumbefreit eingereisten Antragsteller, Georgier (9.399), Nordmazedonier (5.999), Venezolaner (3.756), Serben (3.526) und Kolumbianer (3.337).
mehr News aus der Region