Kennzeichen-Scans auf Parkplätzen: Das sagt der Datenschutz

In Braunschweig soll demnächst ein ganzes Parkhaus mit Kamera-Überwachung bewirtschaftet werden. regionalHeute.de fragte beim Datenschutzbeauftragten des Landes Niedersachsen nach, wie man dort die Sache bewertet.

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Symbolbild | Foto: regionalHeute.de

Region. Schon seit längerem gibt es Supermärkte, die auf ihren Parkplätzen die Kennzeichen von Autos einscannen, um gegen unerlaubtes Dauerparken vorzugehen. Zunehmend gibt es auch kostenpflichtige Parkplätze, die auf diese Weise abrechnen. In Braunschweig ist jetzt geplant, auf diese Weise ein ganzes Parkhaus zu bewirtschaften. Dabei stellt sich natürlich die Frage nach dem Datenschutz. Wie lange werden die Kennzeichen gespeichert? Wer hat darauf Zugriff?



regionalHeute.de fragte beim Datenschutzbeauftragten des Landes Niedersachsen nach, wie man dort die Sache bewertet. Welche Erfahrungen gibt es bisher mit der systematischen Kennzeichenerfassung?

Automatisierte Verarbeitung von Daten


Grundsätzlich gebe es hier verschiedene Punkte zu betrachten, heißt es seitens der Behörde. "Wird das Kennzeichen jedes Fahrzeugs bei Ein- und Ausfahrt in einen Parkplatz durch eine Kamera erfasst, handelt es sich um eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten. Die Videoüberwachung unterliegt den datenschutzrechtlichen Voraussetzungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)", erklärt Achim Barczok, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Behörde.

Als Rechtsgrundlage für eine solche Videoüberwachung könne in der Regel Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f DSGVO herangezogen werden. Danach sei die Verarbeitung personenbezogener Daten nur dann rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist. Allerdings dürften gleichzeitig nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der von der Datenverarbeitung betroffenen Personen überwiegen.

Erforderlichkeit muss geprüft werden


Als berechtigtes Interesse des Parkraumbewirtschafters an der Kennzeichenerfassung komme grundsätzlich eine Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen sowie die ordnungsgemäße Nutzung und Bewirtschaftung des Parkplatzes in Betracht. Allerdings müsse ein Verantwortlicher für den rechtmäßigen Einsatz von Videotechnik immer zuerst deren Erforderlichkeit prüfen. "Lässt sich der beabsichtigte Zweck auch mit einem anderen zumutbaren Mittel erreichen, das weniger in die Rechte von betroffenen Personen eingreift, ist die Videoüberwachung nicht erforderlich. Beispiel: Um zu verhindern, dass nachts Autofahrer auf dem Parkplatz eines Supermarktes parken, kann der Betreiber gegebenenfalls statt einer nächtlichen Videoüberwachung auch eine Schranke nutzen", erklärt Achim Barczok.

Zum konkreten Fall aus Braunschweig, wo ein Parkhaus, das jahrzehntelang mit Schranken betrieben wurde, jetzt auf Kennzeichenaufzeichnung setzt, äußert sich Barczok nicht. Beim Einsatz von Videoüberwachung sei immer zu prüfen, zu welchem Zweck ein Verantwortlicher dies einsetze und ob die Überwachung für den Zweck tatsächlich erforderlich ist. Das sei vom Einzelfall abhängig. Was das Argument des Betreibers im Braunschweiger Fall sei, wisse er nicht - das wäre dann zu überprüfen.

Kein Anlass für eine Überwachung


Ein weiteres Prinzip des Datenschutzes spricht eigentlich gegen eine kommerzielle Nutzung von Kennzeichen-Scans. "Ist die Videoüberwachung erforderlich, ist die Datenverarbeitung nur dann zulässig, soweit das berechtigte Interesse des Parkraumbewirtschafters die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiegt. Maßstab für diese Abwägung sind die grundrechtlich geschützten Interessen der von der Videoüberwachung erfassten Personen. Eine Videoüberwachung ist besonders dann als ein intensiver Eingriff in die Rechte der Betroffenen anzusehen, wenn diese sich normgerecht verhalten und damit keinen Anlass für eine Überwachung geben", betont der Behördensprecher.

Bedingungen für den Betrieb


Dennoch sei die Zulässigkeit einer Kennzeichenerfassung durch einen privaten Parkplatzbetreiber aus datenschutzrechtlicher Perspektive grundsätzlich denkbar. Dafür müssten allerdings einige Bedingungen eingehalten werden.

• Erfassungsbereich: Es müsse sichergestellt werden, dass durch die Kameras ausschließlich das erforderliche jeweilige Kfz-Kennzeichen an den Ein- und Ausfahrten zum Parkplatz fotografisch erfasst wird – und nicht angrenzende Bereiche. Aufnahmen des Fahrzeugführers und der Insassen oder Personen, die sich im Umfeld des Fahrzeugs befinden, dürften nicht erstellt werden. Der Erfassungsbereich der Kameras müsse entsprechend begrenzt werden.

• Hinweisbeschilderung: Es müsse auf die Datenverarbeitung einschließlich der in Artikel 13 DSGVO aufgeführten Informationen (unter anderem verantwortliche Stelle, Zwecke und Rechtsgrundlage der Datenverarbeitung, Speicherdauer, Betroffenenrechte) hingewiesen werden. Dieser Hinweis sollte (soweit möglich) bereits gegeben werden, bevor Autos in den überwachten Bereich einfahren. Dazu müsse das Hinweisschild an einem Ort angebracht werden, an dem der Betroffene noch die Möglichkeit hat umzukehren, um sich der Kennzeichenerfassung zu entziehen.

• Speicherdauer: Eine konkrete Regelung zur Speicherdauer von Videoaufzeichnungen bieten weder die DSGVO, noch das niedersächsische Landesrecht. Gespeicherte Videodaten müssten dann gelöscht werden, wenn sie zur Erreichung der Zwecke, für die sie erhoben wurden, nicht mehr notwendig sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen. Grundsätzlich sei bei der Erfassung von Kennzeichen sowohl ein- als auch ausfahrender Fahrzeuge davon auszugehen, dass eine Speicherung nach Verlassen des Parkplatzes innerhalb der maximal zulässigen Parkdauer nicht mehr erforderlich sein dürfte. Bei Nichteinhaltung der Höchstparkdauer sei eine längere Speicherung denkbar, wenn sie zur Durchsetzung etwaiger zivilrechtlicher Ansprüche erforderlich ist.

Verstöße werden geprüft


Für die Einhaltung der Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten sei der Verantwortliche der Verarbeitung gegenüber den Aufsichtsbehörden rechenschaftspflichtig. Sollte es zu einem möglichen Datenschutzverstoß kommen, können sich Betroffene mit einer Beschwerde an die Landesdatenschutzbehörde wenden. Das passende Online-Formular findet man hier.

Und solche Fälle sind offenbar nicht selten. "Wir erhalten immer wieder Beschwerden zu Videoüberwachung im Umfeld von Geschäften, Kaufhäusern und Parkhäusern – darunter auch solche, bei denen es um Kennzeichenerfassung bei Parkplätzen geht", berichtet Achim Barczok. Solchen Beschwerden gehe man nach und prüfe gemäß den weiter oben erörterten Rahmenbedingungen, ob eine rechtswidrige Videoüberwachung vorliege. Welche Folgen das für den Verantwortlichen habe, hänge davon ab, ob ein Datenschutzverstoß vorliegt und von der Schwere eines möglichen Datenschutzverstoßes.

Bußgeld möglich


"Sollte ein Verstoß festgestellt werden, kann der Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen in solchen Fällen zum Beispiel eine Anweisung aussprechen, die unberechtigte Verarbeitung personenbezogener Daten zu beenden. Er kann auch Bußgelder verhängen", so der Behördensprecher abschließend.


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