Toronto. KI-Legende Geoffrey Hinton warnt eindringlich vor den Gefahren der Technologie. "Wir sollten sehr ängstlich sein", sagte der 76-Jährige dem "Spiegel".
Durch die Möglichkeiten einer generativen künstlichen Intelligenz, die Text, Bilder und Sprache verstehen und erzeugen kann, würden womöglich "Millionen Arbeitsplätze abgeschafft, Wahlen durch massenweise gefälschte Videos kompromittiert". Die neue KI-Technologie ermögliche es, "viel bessere Cyberangriffe zu führen und hocheffiziente, fiese Viren zur biologischen Kriegsführung zu entwickeln".
Es gebe "viele Gründe für die Annahme, dass KI außer Kontrolle geraten könnte", sagte Hinton. Zum einen müssten die Entwickler der Technologie immer mehr Freiheiten gewähren, um sie effizienter werden zu lassen. Zum anderen werde es bald schon verschiedene Superintelligenzen geben, die miteinander konkurrierten - und sich und den Menschen dabei schadeten.
Der Brite Hinton war es, der seit den Siebzigerjahren mit seiner international viel beachteten Forschung an der Universität von Toronto die moderne KI mit ermöglichte. 2013 trat er in die Dienste von Google und verhalf KI dort zur Marktreife - bevor er 2023 überraschend hinwarf.
Durch das Aufkommen der Chatbots sei ihm die "unmittelbare Bedrohung für die Menschheit" gewahr geworden. Auf einmal habe die Technologie "ein Stadium erreicht, von dem ich dachte, das sei noch fünfzig Jahre entfernt. Und kein Unternehmen, weder Google noch Microsoft, hält Technologien zurück, auch wenn sie eigentlich unverantwortbar und unkontrollierbar sind", so Hinton. "Seither warne ich."
Hinton plädiert für eine KI-Regulierung, angelehnt an die Gesetzgebung für Menschen. Wie auch bei Menschen wisse man bei moderner KI nicht, wie sie ticke, warum sie welche Entscheidungen treffe, so der Informatiker. Deshalb brauche es "Regeln, Gesetze, gesellschaftliche Normen" für künstliche Intelligenz.
Noch bleibe Zeit, die Technologie sei nicht an dem Punkt, dem Menschen ebenbürtig zu sein. "Aber das Tempo ist enorm", so Hinton. "Irgendwann zwischen 5 und 20 Jahren von heute" werde es eine solche Superintelligenz geben. "Ich dachte immer, es würde nie zu meinen Lebzeiten so weit kommen. Aber ich habe mich schon einmal geirrt."
mehr News aus der Region